Polymyalgia rheumatica
Die Polymyalgia rheumatica ist eine entzündlich-rheumatische Erkrankung im Alter von über 50 Jahren, die mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Schulter- und Beckengürtel-schmerz und Entzündungszeichen plötzlich auftritt und gut behandelbar ist.
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Was ist Polymyalgia rheumatica?
Der Name Polymyalgia rheumatica heißt übersetzt, dass viele Muskeln wehtun und eine Entzündung vorliegt. Relativ plötzlich treten starke Schmerzen insbesondere im Schulter- und Beckengürtel auf, verbunden mit Morgensteifigkeit, allgemeinem Krankheitsgefühl, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme und Nachtschweiß. Die Beweglichkeit ist stark eingeschränkt. Praktisch immer sind die Laborwerte C-reaktives Protein, durch CRP abgekürzt, und Blutsenkung, auch BSG genannt, deutlich erhöht. Diese Werte können allerdings auch bei anderen Erkrankungen, die mit Entzündungen einhergehen, erhöht sein. Durch Ultraschall lassen sich kleine Entzündungen an Schulter- und Hüftgelenken nachweisen. Relativ kleine Mengen von Prednisolon führen zu einer raschen Beschwerdefreiheit. Die Dosis kann über Monate langsam reduziert werden. Nach 1 – 3 Jahren ist in der Regel keine Therapie mehr erforderlich.
Was sind die wichtigsten Symptome?
- Schultergürtelschmerz
- Beckengürtelschmerz
- Krankheitsgefühl und Abgeschlagenheit
- Nachtschweiß
- Gewichtsabnahme
- In 20 % gemeinsam mit Riesenzellarteriitis (Gefäßentzündung, die oft zu Kopfschmerzen führt)
Ursachen der Polymyalgia rheumatica
- Es liegt eine Überreaktion des Immunsystems vor.
- Die Beschwerden kommen von einer Entzündung an Schultergelenken, Hüftgelenken, kleinen Wirbelsäulengelenken und umgebendem Gewebe.
- Begleitende Gefäßentzündungen sind möglich, auch bekannt als Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis)
Diagnose der Polymyalgia rheumatica
- Rheumatologische klinische Untersuchung
- Labor: Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP) sind typischerweise deutlich erhöht
- Ultraschalluntersuchung der Schulter- und Hüftregion
- Ultraschall der Temporalarterien am Kopf und im Bereich der Achselhöhle , um eine Riesenzellarteriitis auszuschließen
- Eine Therapie beginnend mit 25 Milligramm Prednisolon pro Tag führt zu einer zeitnahen Besserung
Therapie bei Polymyalgia rheumatica
- Die Behandlung erfolgt mit Prednisolon, auch als Cortison bekannt. Dabei beginnen wir mit einer Tagesdosis von 25 Milligramm. Die Dosis wird jede Woche um 2,5 Milligramm reduziert bis zu einer Tagesdosis von 10 Milligramm, danach um 1 Milligramm pro Monat, bis das Medikament wieder abgesetzt werden kann. Sollten wieder Beschwerden und Entzündungszeichen auftreten, was durch erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit oder erhöhtes C-reaktives Protein nachgewiesen werden kann, wird die Dosis vorübergehend gering gesteigert. Es gibt keine „Erhaltungsdosis“, sondern es wird immer eine möglichst niedrige Prednisolondosis angestrebt.
- Mit dem oben genannten Schema treten relativ wenig Cortison–Nebenwirkungen auf. Dennoch wird auf Blutdruck und Blutzucker geachtet. Der Augendruck und die Knochendichte sollen gemessen werden. Man hat mit einer Cortison-Therapie mehr Appetit und kann an Gewicht zunehmen. Wenn Patient und Arzt aber darauf achten, eine möglichst niedrige Dosis anzustreben, halten sich die Nebenwirkungen meistens in Grenzen. Zur Vermeidung einer Osteoporose ist auf ausreichende Vitamin D-Zufuhr zu achten.
- Bei manchen Patienten lässt sich die Dosis nicht so schnell reduzieren. Ist mittelfristig, das heisst länger als 3 Monate, eine Dosis von 10 Milligramm täglich oder mehr notwendig kann Methotrexat zum Beispiel in einer Dosis von 10-20 Milligramm einmal wöchentlich genommen werden. Dieses Medikament wird insbesondere zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis eingesetzt. Man kann damit häufig bis zu 20 Prozent der Cortison-Dosis einsparen, muss aber wiederum auf andere Nebenwirkungen achten.
Wo kann ich mehr über Polymyalgia erfahren?
Allgemeine Informationen
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.
Zur Webseite der Rheuma-Liga
Literaturhinweise
Schmidt W.
Polymyalgia rheumatica: Plötzlich schmerzt der Muskel, Mobil (Zeitschrift der deutschen Rheumaliga)
Studien
- Dasgupta B, Cimmino MA, Maradit-Kremers H, Schmidt WA, et al. 2012 provisional classification criteria for polymyalgia rheumatica: a European League Against Rheumatism/American College of Rheumatology collaborative initiative. Ann Rheum Dis 2012;71:484-92.
- Matteson EL, Maradit-Kremers H, Cimmino MA, Schmidt WA, et al. Patient reported outcomes in polymyalgia rheumatica. J Rheumatol 2012;39:795-803.
- Dejaco C, Singh YP, Perel P, et al. 2015 Recommendations for the management of polymyalgia rheumatica: a European League Against Rheumatism/American College of Rheumatology collaborative initiative. Ann Rheum Dis 2015;74:795-803.
- Buttgereit F, Brabant T, Dinges H, et al. S3-Leitlinie zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica. Evidenzbasierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR) und der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR) und der beteiligten medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und weiterer Organisationen. Z Rheumatol 2018;77:429-41.
- Schmidt WA. Polymyalgia rheumatica (PMR) und Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis). Meyer J, et al. (Hrsg). Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin, Elsevier 2015 / 2019.