Audios
-
Wieder mobil dank Gelenkersatz – Endoprothetik für Hüfte und Sprunggelenk
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, spricht in der Sendung „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso darüber, wie man Beweglichkeit des Hüftgelenks erhalten oder wiederherstellen kann.
Julia Nogli: Schönen Dienstagabend, hier ist Radio Paradiso mit der Sendung Natürlich gesund. Ich bin Julia Nogli und spreche heute mit Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremitäten, Endoprothetik und Fußchirurgie und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Immanuel Krankenhaus. Hallo, guten Abend.
Dr. Peter Naatz: Guten Abend.
Julia Nogli: Ja, wir sprechen heute gleich mal über zwei Themen aus Ihrem Fachbereich, Hüfte und Sprunggelenk, beides enorm wichtig für die Mobilität. Und beides kann gegebenenfalls durch eine Prothese ersetzt werden. Fangen wir mal mit der Hüfte an.
Warum gibt es eigentlich so viele OPs mit der sogenannten künstlichen Hüfte?
Dr. Peter Naatz: Das Hüftgelenk ist einer sehr hohen Belastung ausgesetzt. Es ist ja das Bindeglied zwischen Becken und Bein und es hat sehr viele Bewegungsrichtungen. Und deswegen ist im Grunde genommen die Überdachung des Hüftgelenkes nicht so optimal für ein Gelenk.
Einfach deswegen, weil man sonst diese Bewegungsfreiheit nicht hätte. Und deswegen kommt es da relativ häufig zu Arthrosen. Und außerdem gibt es zusätzlich auch im Kindes- und Jugendalter Erkrankungen, die diese Arthrosen begünstigen.
Beispielsweise die Hüftgelenksdysplasie, wo die Überdachung nicht richtig ausgeprägt ist. Und auch andere Erkrankungen. Sehr häufig ist es auch angeboren.
Das heißt, es gibt genetische Faktoren offensichtlich. Es tritt familiär gehäuft auf. Und wenn eben diese Arthrose eintritt, dann ist eine typische Therapie bei der fortgeschrittenen Arthrose irgendwann dann eben der Gelenkersatz.
Also es ist natürlich so, dass die Arthrose auch anders therapiert werden kann. Das heißt, wenn man eine beginnende Arthrose hat, erstmalig Schmerzen, wird man das nicht gleich operieren. Sondern die erste Therapie ist immer erst konservativ.
Das heißt, alle Möglichkeiten ausschöpfen, eben nicht operieren zu müssen. Also was man wissen muss, ist, es ist eine symptomatische Therapie. Wenn der Knorpel verschlissen ist, dann kann der sich nicht von selber regenerieren.
Das heißt, man kann das nur versuchen aufzuhalten oder eben die Schmerzen in irgendeiner Form zu lindern. Und das kann man einerseits natürlich durch Medikamente machen. Es gibt aber auch ganz unterschiedliche Möglichkeiten, wie naturheilkundliche Dinge, Akupunktur zum Beispiel hilft ganz gut.
Das sind Sachen, die muss man einfach ausprobieren. Also es ist nicht so, dass das eine bei allen hilft, sondern dem einen hilft es dem anderen gar nicht. Kennt man vielleicht auch selber.
Und insofern, da in irgendeiner Form medikamentös oder naturheilkundlich therapieren. Ein wichtiger weiterer Aspekt ist, dass man das Gelenk in irgendeiner Form entlastet. Da kann man zum Beispiel einen Stock tragen oder einen Pufferabsatz.
Das Gewicht spielt auch eine gewisse Rolle. Wir wissen natürlich selber, dass es so ein bisschen Teufelskreis ist. Es ist schwierig, wenn man sich nicht richtig bewegen kann, wenn man Schmerzen hat, dann nimmt man natürlich auch zu.
Und das kriegt man auch so leicht nicht wieder runter. Aber man muss es einfach ansprechen. Letzten Endes ist operative Versorgung ein ganz bedeutender Faktor.
Und ganz wichtig ist, dass man in Bewegung bleibt. Und das ist für uns dann zum Schluss auch eine Entscheidung für eine Operation, wenn man sich eben nicht mehr bewegen kann. Die Bewegung ist für den Knorpel wichtig, denn der Knorpel wird über Bewegung ernährt.
Der hat also keine Blutgefäße, die da irgendwie hinkommen. Und das Zweite ist einfach auch, dass die Beweglichkeit, der Erhalt der Beweglichkeit ganz wichtig ist. Und beispielsweise dafür, dass man eben durch die Arthrose auch Beweglichkeitseinschränkungen bekommt.
Ganz typisch ist zum Beispiel, dass man das Gelenk nicht mehr richtig strecken kann. Und dann geht man automatisch ins Hohlkreuz und läuft auch mit ein bisschen krummen Knie. Und das führt dann dazu, dass man auch da Beschwerden bekommt.
Julia Nogli: Okay, und wenn es dann alles probiert wurde und man sich entschlossen hat, ja, hier ist der Gelenkersatz jetzt die beste Wahl. Was hat sich denn da verändert in den letzten, sagen wir mal, zehn, 15 Jahren? Sie machen das ja auch schon die ganze Zeit.
Ja, was hat sich da noch zum Vorteil des Patienten, der Patientin verändert?
Dr. Peter Naatz: Also grundsätzlich kann man zum Hüftgelenksersatz sagen, das ist ja von Fachgesellschaften zur Operation des letzten Jahrhunderts gewählt worden, weil die Ergebnisse eben sehr gut sind. Also über 95 Prozent haben eben exzellente Ergebnisse und sind damit sehr zufrieden. Es gibt dieses sogenannte Forgotten Joint Phänomen, dass man gar nicht mehr drüber nachdenkt.
Also eigentlich gar nicht weiß, habe ich jetzt so ein Gelenk und man macht einfach wieder alles. Der Vorteil ist auch, dass man mit einem Hüftgelenk alles Mögliche wieder machen kann. Dafür gibt es aber eben ein paar Grundvoraussetzungen und da hat sich einiges entwickelt.
Das eine sind die Zugänge. Also wir implantieren zum Beispiel die Hüftgelenke über einen sogenannten Minimalinvasiven. Das bessere Wort wäre wahrscheinlich muskelschonender Zugang, wo man eben keine Muskulatur mehr durchtrennt.
Wir erhalten sogar die Kapsel dahingehend, dass wir sie nur aufmachen und anschließend wieder verschließen. Und das führt dazu, dass man eben erstens sehr schnell mobil ist. Das ist auch nachgewiesen.
Und zweitens, dass man auch alles uneingeschränkt wieder machen kann. Das heißt, wir geben alles frei anschließend, wenn jemand vorher geklettert ist, dann soll er es wieder machen. Wenn er Yoga macht, eben auch.
Und das sind so die Sachen, wo man früher mit konventionelleren Zugängen immer so ein bisschen Angst hatte. Also, wenn mir jemand vorher gesagt hat, früher, ich mache so gerne Yoga, dann habe ich gedacht, um Gottes Willen, da fliegt die Hüfte vielleicht dabei raus.
Julia Nogli: Tennis spielen?
Dr. Peter Naatz: Tennis spielen, das sind so Sachen, die konnte man auch schon vorher machen. Das kann man aber jetzt insbesondere sehr gut wieder, weil man eben auch ein sehr gutes Gefühl und eine gute Kontrolle über sein Bein behält. Also der Zugang ist die eine Entwicklung.
Das andere ist, dass natürlich neue Prothesenmodelle entwickelt worden sind und auf den Markt gekommen sind. Und das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt. Es ist ja sehr wichtig, dass man im Grunde genommen den physiologischen Bewegungsablauf der Hüfte wieder genauso rekonstruiert, wie er irgendwann mal war.
Und das ist eben individuell sehr unterschiedlich. Und das ist ein Aspekt, den wir auch im Immanuel-Krankenhaus am Wannsee sehr in den Vordergrund stellen. Man muss das wirklich individuell planen und entscheiden.
Und dafür braucht man sehr unterschiedliche Prothesenmodelle, die man zur Verfügung haben muss. Man plant das vorher ganz genau am Computer, was eingebaut wird. Und dann kann man auch wirklich die Hüfte wieder genauso rekonstruieren, wie sie mal war.
Dann kann man die Beinlänge wieder genau gleich machen. Dann kann man auch die Muskelspannung genauso wiederherstellen, dass man dann eben damit wieder genauso laufen kann, wie man das vorher auch konnte. Und das können wir während der Operation.
Es werden zunächst mal Probeimplantate eingebaut. Und dann wird es geröntgt. Dann wird eine Bewegungsuntersuchung gemacht.
Das heißt, wir gucken, alle Bewegungsrichtungen sind die erstens möglich und zweitens luxiert das Gelenk dabei. Also ist das ausrenkbar. Und erst, wenn wir das nicht mehr rauskriegen, was über unseren Zugang meistens eben auch von Anfang an der Fall ist, dann werden diese Probeimplantate durch Originalimplantate ersetzt.
Das heißt, es ist ein sehr sicheres Verfahren.
Julia Nogli: Das ist ja wirklich erstaunlich.
Dr. Peter Naatz: Also, Sie machen nicht eine Schublade auf und holen eins von drei Modellen raus, sondern man hat wirklich, also wir haben sieben Modelle zur Verfügung als Standard schon, die wir eben unterschiedlich anpassen können, je nachdem, was der Bedarf bei der Patientin oder dem Patienten ist.
Julia Nogli: Vielleicht nochmal, wer es nicht weiß, wie schnell wird man wieder mobilisiert? Steht man wieder auf seinen beiden Füßen?
Dr. Peter Naatz: Das ist eben auch eine Sache, die durch diese muskelschonenden Zugänge deutlich schneller geworden ist. Früher, als man angefangen hat mit der Hüftendoprothetik, da haben die Menschen erst mal drei Wochen im Bett gelegen. Und man weiß, dass sich natürlich aus der Immobilität, darum machen wir es ja überhaupt, wir wollen die Menschen mobil halten oder ihnen dabei helfen.
Und je schneller man wieder mobil ist, umso besser sind die Ergebnisse. Es fängt schon damit an, dass man sich gar nicht erst mal so krank fühlen soll. Und zweitens hat man auch weniger Komplikationen, wie zum Beispiel Venenverschlüsse und so was.
Und deswegen ist das Ziel heute, Mobilisierung nach Möglichkeit sogar am Operationstag. Wir nennen das Fast Track. Das heißt, die Patienten, die Patientinnen werden so schnell wie möglich zwei bis drei Stunden nach der Operation einfach wieder zunächst mal auf die Beine gestellt und laufen auch die ersten Schritte.
Außerdem ist es so, dass wir auch alle Bewegungen heute mit diesem Zugang gleich wieder freigeben. Das heißt, man hat lange Zeit zum Beispiel die Beugung auf 90 Grad limitiert und so Dinge eben gemacht, um das Risiko, dass die Prothese ausrenkt, zu minimieren. Das geben wir heute alles frei.
Also das heißt, diese Gefahr besteht nicht. Und deswegen kann man eben auch gleich wieder alles machen. Wie gesagt, Mobilisierung sofort am Operationstag.
Und dann ist es so, dass wir das individuell entscheiden. Also das heißt, wir wollen nicht sagen, nach drei Tagen muss jetzt jeder raus und das Bett ist wieder belegt, sondern wir gucken einfach, wie man auf die Beine kommt. Und die übliche Aufenthaltsdauer liegt so irgendwo zwischen drei und sieben Tagen.
Und anschließend, dann können die meisten bei uns schon gehstützenfrei auch kleinere Strecken laufen. Das entscheiden die Physiotherapeutinnen und Therapeuten. Die Physiotherapie ist extrem wichtig am Anfang und man muss einfach gucken, wie sind so die Bewegungsabläufe?
Also, das heißt, man sollte sich kein hinkendes Gangbild angewöhnen, sondern erst dann, wenn man gut muskulär kompensiert ist, dann kann man eben auch ohne Gehstützen laufen. Aber wie gesagt, die meisten schaffen das innerhalb der ersten Woche. Und dann sollte man anschließend noch mal eine Reha machen, also eine Anschlussheilbehandlung.
Und die wird so empfohlen, ungefähr drei Wochen zu machen. Und nach dieser Zeit, wenn man dann nach vier Wochen aus der Anschlussheilbehandlung nach Hause kommt, dann kann man, ist man eigentlich wieder einsatzfähig im Alltag. Also das heißt, man kann rumlaufen, man kann einkaufen gehen.
Man kann sogar auch schon wieder Auto fahren. Man sollte dann noch mal vier Wochen weiter trainieren und üben. Und dann mit den Zugängen, wie wir das machen, kann man nach acht Wochen eigentlich auch wieder seinen Sport betreiben und alle Dinge, die man machen möchte.
Julia Nogli: Schön, ein ganz anderes Thema. Jetzt gehen wir runter zum Fuß, zum Sprunggelenk. Ebenfalls sehr wichtig.
Und da hört man auch sehr oft von Leuten, dass sie da irgendwas haben. Warum eigentlich? Was sind denn da die Probleme, die auftreten?
Dr. Peter Naatz: Also das Sprunggelenk, das obere Sprunggelenk, weil das reden wir jetzt, was ja sehr wichtig ist, weil es den Fuß hebt und senkt eben in der Bewegungsrichtung. Das ist ein sehr kongruentes Gelenk. Und eigentlich würde man da gar nicht so häufig eine Arthrose kriegen.
Es gibt zwei Ursachen, typische Ursachen für eine Arthrose am oberen Sprunggelenk. Das eine sind die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Deswegen sehen wir sehr viele Menschen damit, weil wir im Immanuel-Krankenhaus am Wannsee-Rheumaklinik sind.
Die andere Gruppe sind die Verletzungen des Sprunggelenkes. Und gerade die Verletzungen, das können Knochenbrüche sein, das können aber auch Bänderrisse sein, nehmen natürlich extrem zu. Das hat viel natürlich mit dem Sport zu tun.
Sachen, die wir ja extrem gut heißen als Orthopädinnen und Orthopäden, weil das natürlich extrem gesund ist und ja auch Spaß macht. Darum geht es uns ja auch. Aber diese Verletzungen führen dann zu Inkongruenzen im Gelenk und können dann zur Arthrose führen.
Deswegen ist es primär schon extrem wichtig, dass man diese Verletzungen adäquat therapiert. Das heißt zum Beispiel, dass Knochenbrüche wieder richtig gut versorgt werden, aber eben auch Bänderrisse. Also das heißt, wenn man umgeknickt ist und man hat Beschwerden, die relativ lange anhalten, dann sollte man doch irgendwann sich ein Zentrum aufsuchen, und schauen, ob da nicht eine Bandinstabilität ist, die man in irgendeiner Form beheben kann, um dann eben eine Arthrose Entstehung zu verhindern.
Julia Nogli: Ach ja, okay.
Dr. Peter Naatz: Wenn es dann irgendwann zur Arthrose gekommen ist oder sagen wir mal zu Knorpelschäden im Sprunggelenk, dann ist es ein bisschen anders als beim Hüftgelenk. Am Hüftgelenk kann man arthroskopisch zumindest bei deutlichen degenerativen Veränderungen nicht so sehr viel machen. Da sind wir am oberen Sprunggelenk schon weiter.
Wir arthroskopieren auch Hüftgelenke.
Julia Nogli: Das ist diese Spiegelung, die sogenannte.
Dr. Peter Naatz: Genau, die Arthroskopie ist so diese Schlüssellochmethode, wo man mit einer Kamera reingeht, wo man dann mit Arbeitsmaterialien reingeht, wo man zum Beispiel irgendwelche Anbauten entfernt und so weiter. Das ist aber am Hüftgelenk limitiert auf ein bestimmtes Alter. Über 45 macht es keinen Sinn und bei einer fortgeschrittenen Arthrose sowieso nicht.
Am Sprunggelenk ist es durchaus so, dass manchmal knöcherne Anbauten im Vordergrund stehen, die man zum Beispiel einfach wegnehmen kann, um dann die Beweglichkeit wieder zu verbessern. Und das machen wir auch regelmäßig. Man kann da manchmal bei lokalen Knorpelschäden auch eine Knorpelchirurgie machen.
Das machen wir auch. Und was auch wichtig ist, man muss sich immer die Statik des Gelenkes angucken. Zum Beispiel macht es manchmal Sinn, die Achse ein kleines bisschen zu verändern, um beispielsweise, wenn man auf der Innenseite isoliert eine Arthrose hat, so ein bisschen mehr Last auf die Außenseite zu bringen.
Aber wenn eben eine fortgeschrittene Arthrose besteht im Gelenk, dann macht das auch keinen Sinn mehr. Ganz genauso wenig wie beim Hüftgelenk. Und dann gibt es im Grunde genommen zwei therapeutische Möglichkeiten.
Die eine Möglichkeit ist die Versteifung des Gelenkes. Und die andere Möglichkeit ist, auch da eine Endoprothese zu implantieren. Die Versteifung war bis jetzt immer der Goldstandard.
Wenn man ein oberes Sprunggelenk versteift, hat man eine definitive und sehr stabile Situation. Also Menschen, die zum Beispiel extrem schwer tragen müssen oder einfach ansonsten eine hohe berufliche Belastung haben, kommen mit einer Arthrodese, also einer Versteifung auch gut zurecht. Das Problem an der Versteifung ist aber, dass der Gang eben doch nicht ganz so gut funktioniert wie mit einem beweglichen Gelenk.
Und es kommt dazu, dass das untere Sprunggelenk, also die angrenzenden Gelenke sozusagen, diese Beweglichkeit kompensieren müssen. Und dadurch, das nennt man Anschlussarthrosen, kann es dann zu Arthrosen auch an diesen Gelenken kommen. Um das zu vermeiden, hat man irgendwann vor inzwischen auch schon mehreren Jahrzehnten Sprunggelenksprothesen entwickelt.
Und diese Sprunggelenksprothesen waren am Anfang nicht optimal, weil sie nicht lange gehalten haben. Jetzt weiß man aber mit den modernen Generationen von Sprunggelenksprothesen, dass die sehr, sehr gute Standzeiten haben. Die sind inzwischen so gut wie Kniegelenksprothesen.
Und man hat dadurch einen deutlich besseren Gang und man verhindert eben diese Anschlussarthrosen. Und deswegen ist die Sprunggelenksprothese im Moment dabei, bei einer Arthrose im oberen Sprunggelenk den Goldstandard Arthrodese, also Versteifung, eben abzuschaffen und selber eben zum Standard zu werden.
Julia Nogli: Sie sind ja sogar so ein Zentrum für diese Fuß- und Sprunggelenkschirurgie oder wie nennt sich das?
Dr. Peter Naatz: Also wir sind zertifiziertes Zentrum für Endoprothetik, der Maximalversorgung. Und wir sind auch zertifiziertes Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkschirurgie, der Maximalversorgung. Das heißt, wir sehen eben sehr viele Menschen sowohl mit ihren ligamentären Verletzungen, also Bandverletzungen am Sprunggelenk, als auch eben mit Brüchen.
Nicht jeder Bruch muss ja sofort versorgt werden, sondern man kann dann zum Beispiel sagen, man hat einen Außenknöchelbruch, das auch nach einigen Tagen operativ versorgen. Da kommen relativ viele, die uns dann als Zentrum sozusagen zugewiesen werden. Und dann haben wir dadurch, dass wir Rheumaklinik sind, eben auch doch sehr viel mit Arthrosen am oberen Sprunggelenk zu tun.
Im Gegensatz zur Hüftendoprothetik, die ja eben sehr viel in unterschiedlichen Häusern angeboten wird, ist die Sprunggelenksendoprothetik eher was, was in nur sehr wenigen Zentren gemacht wird. Und da sollte schon auch eine entsprechende Expertise bestehen. Einfach deswegen, weil es davon eben nicht so viele gibt.
Und es macht nicht Sinn, dass man zwei oder drei von den Prothesen im Jahr einbaut.
Julia Nogli: Ja, also das wäre bei Ihnen dort der Fall. Ich habe jetzt keine genaue Vorstellung von dem Gelenk, aber das ist ja alles auch viel feiner und viel kleiner als bei der Hüfte. Es sind ja mehrere Teile dann wahrscheinlich auch.
Dr. Peter Naatz: Genau, das Prinzip ist im Grunde genommen ähnlich. An der Hüfte hat man eben vier Komponenten. Da wird eine neue Pfanne aus Titan ins Becken eingesetzt.
Es wird dann ein Schaft aus, meistens auch aus Titan, in den Oberschenkelknochen eingebracht. In die Pfanne kommt dann so eine Art künstlicher Knorpel rein. Ja, das ist ein Innen, sogenanntes Inlay aus Keramik oder Polyethylen.
Und auf den Schaft kommt ein Kopf aus Keramik. Beim Sprunggelenk ist es so, dass die Unterschenkelfläche, die nach unten zeigt, eben auch überkronend wird. Das ist meistens auch mit Titan.
Und dann wird das Sprungbein, das wird dann auch nochmal überkronend. Und dann kommt dazwischen nur ein Gleitkern und der kann fest sein oder er kann sich frei bewegen. Im Moment weiß man, dass die Fixierten bessere Ergebnisse haben auf lange Sicht.
Und insofern ist das das, was wir auch derzeit einbauen. Es ist auch möglich, inzwischen diese Gelenke theoretisch nochmal auszuwechseln, wenn es irgendwann erforderlich wird. Das ist auch eine häufige Frage in den Sprechstunden.
Viele denken zum Beispiel, sie müssen auch beim Hüftgelenk so lange wie möglich warten.
Julia Nogli: Nee, das kann man so aber heute eben nicht mehr sagen.
Dr. Peter Naatz: Weil gerade die jüngeren Menschen natürlich auch von der Beweglichkeit ja auch sehr, sehr profitieren oder besonders darunter leiden, wenn sie eben gar keinen Sport mehr machen können und so weiter. Und dieses Risiko, wo viele denken, naja, was ist denn dann, wenn sich das gegebenenfalls nach 15, 20 Jahren lockert? Was mache ich denn dann?
Dann kann ich ja gar nicht mehr laufen. Das ist nicht so, sondern man kann diese Sachen eben auch sehr gut auswechseln. Und gerade auch in der Sprunggelenksendoprothetik war es ein ganz wichtiger Aspekt für die Entscheidung, doch jetzt auch mehr in Richtung Endoprothetik zu gucken, dass es da Revisionsprothesen gibt.
Das heißt, es gibt Prothesen, die einfach nochmal besser abstützen, auch wenn man irgendwo ein bisschen Knochenverlust hat, sodass man auch aus einer Lockerungssituation immer wieder sehr gut rauskommen kann.
Julia Nogli: Da hat sich also viel getan für den Erfolg der Endoprothetik. Und wie Sie mir vorhin erzählt haben, wird auch bei der Hüfte nach zwei bis drei Monaten nochmal gesprochen. Und erstens sehen Sie auf den ersten Blick dann gar nicht mehr, welche Seite Sie operiert haben, wenn die Patientin, der Patient reinkommt.
Und sehr viele von denen sagen Ihnen dann, hätte ich das alles gewusst, hätte ich es schon viel früher gemacht. Mehr Infos zur heutigen Sendung finden Sie hier auf www.paradiso.de in der Mediathek. Und am 9.10. gibt es auch einen Patientenvortrag das Sprunggelenk im Fokus Bandplastik, Knorpeltherapie und Sprunggelenks Endoprothetik. Und zwar direkt am Immanuel Krankenhaus Berlin um 18.30 Uhr in der Loggia im Immanuel Park am Kleinen Wannsee 5D übernächsten Donnerstagabend. Sie müssen sich dafür nicht anmelden. Einen schönen Abend für Sie mit Radio Paradiso.
-
Einlagen, Übungen und Therapien bei Plattfuß
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, spricht in der Sendung „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso darüber, woran man einen Plattfuß erkennt, welche Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten es gibt und welche Erfolge bei der Behandlung verzeichnet werden.
Jonas Roth: Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Mein Name ist Jonas Roth und Thema heute ist der Plattfuß. Experte dazu ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee. Guten Abend.
Dr. Peter Naatz: Guten Abend.
Jonas Roth: Herr Dr. Naatz, bevor wir jetzt direkt ins Thema einsteigen, mal ganz kurz grundlegend. Was wird denn in Ihrer Abteilung so behandelt?
Dr. Peter Naatz: Wir sind, wie der Name sagt, spezialisiert auf die Wirbelsäule und die untere Extremität. Das heißt, wir sind Ansprechpartner für Beschwerden an der Wirbelsäule und mit hoher Spezialisierung für alle Probleme an Hüfte, Knie und Fuß.
Jonas Roth: Okay, und die Corona-Monate waren ja auch bei Ihnen präsent. Wie lief das bei Ihnen?
Dr. Peter Naatz: Wir haben, wie wahrscheinlich alle, versucht, das Beste draus zu machen. Das Wichtigste für uns war natürlich, dass wir keinen gefährden, also weder unsere Patienten noch unsere Mitarbeiter. Und deswegen haben wir die erste Zeit auch nicht operiert im März damals.
Und dann haben wir die Zeit genutzt, um uns ein sehr strenges Hygienekonzept zu entwickeln. Wir testen zum Beispiel alle Patientinnen und Patienten vor der Aufnahme inzwischen. Und wir haben auch ausreichend Platz geschaffen, damit eben auch Abstände eingehalten werden können.
Und dadurch können wir jetzt unsere Patienten auch weiter versorgen. Und dieses Konzept scheint aufzugehen, denn bisher waren die Maßnahmen zum Glück erfolgreich.
Jonas Roth: Erst mal grundlegend, Herr Dr. Naatz. Was ist denn überhaupt ein Plattfuß?
Dr. Peter Naatz: Als Plattfuß bezeichnet man ein komplett abgesunkenes Längsgewölbe des Fußes. Dabei liegt der Fußinnenrand dem Boden auf. Von hinten sieht man eine abgekippte Ferse und von oben, wenn man auf den Fuß raufguckt, sieht man einen nach außen zeigenden Vorfuß.
Ursache dabei ist eine Bandschwäche, die angeboren ist und außerdem eine Überdehnung einer Sehne, die den Mittelfuß so steigbügelartig nach oben zieht. Die sogenannte Tibialis-posterior-Sehne.
Jonas Roth: Das sind Altersstufen, in denen der Plattfuß jetzt häufig vorkommen kann.
Dr. Peter Naatz: Bei Kindern ist ein Plattfuß sehr selten und er hat meist eine angeborene knöcherne Ursache. Und das darf man nicht verwechseln mit dem Knicksenkfuß, den fast alle Kinder haben. Und das ist ein physiologisches Phänomen, was sich regelmäßig auswächst.
Man sieht dabei noch ein leichtes Gewölbe und im Zehenspitzenstand. Und das ist die entscheidende Untersuchung, auch die selber von den Eltern durchgeführt werden kann. Sieht man, dass sich das Gewölbe aufrichtet.
Beim Erwachsenenplattfuß ist es so, dass er in jedem Alter vorkommen kann. Meistens ist ja schon so eine gewisse Anlage beim jungen Erwachsenen dann zu erkennen. Und er nimmt dann meistens im Laufe des Lebens zu, weil die Sehne, die ich gerade angesprochen habe, diese steigbügelartig den Fuß nach oben ziehende Sehne natürlich schwächer und schwächer wird.
Jonas Roth: Gibt es denn irgendwie Symptome, die dabei auftreten? Treten Schmerzen auf? Ich meine, abgesehen davon, dass man es sieht.
Woran merke ich das persönlich?
Dr. Peter Naatz: Zunächst mal ist der Plattfuß schon relativ einfach zu erkennen. Also wenn man im Schwimmbad ist oder so, sieht man es bei anderen Leuten schon, weil man natürlich irgendwo so ein Auge hat für Normalität. Und ein abgesunkenes Längsgewölbe beim Fuß sieht halt doch so ein bisschen auch anders aus.
Also das sieht man schon. Und wenn man sich dann z.B. seinen Fußabdruck selber mal anguckt, das kann man ja auch im Schwimmbad machen oder einfach zu Hause mit nassem Fuß, dann fehlt einfach das Längsgewölbe und der Fußabdruck sieht aus wie so ein Stempel oder wie ein Elefantenfuß. Dann kommt noch dazu, dass viele Patienten auch merken, dass auch feste und gute Schuhe nicht lange halten, weil sie die einfach auf der Innenseite durchtreten.
Und das macht natürlich auch Schmerzen. Die entscheidenden Symptome dabei sind Schmerzen einmal auf der Innenseite des Fußes. Und zwar sind das ganz mechanische, rein mechanische Probleme.
Das heißt, der Fuß wird auf der Innenseite überdehnt und auf der Außenseite werden die Weichteile zusammengedrückt, gestaucht und das macht Beschwerden.
Jonas Roth: Okay. Und kann ich jetzt selber noch irgendwie reagieren oder ab wann ist hier der Punkt, an dem ich einen Arzt aufsuchen sollte?
Dr. Peter Naatz: Nochmal zu betonen, der Knicksenkfuß des Kindes, der eben von vielen für einen Plattfuß gehalten wird und die Eltern machen sich natürlich verständlicherweise Sorgen und wollen ihr Kind gerne untersuchen lassen, der ist völlig normal und wächst sich aus. Man sollte dann mit seinem Kind eine kinderorthopädische Vorstellung einleiten, wenn im Zehenspitzenstand kein Gewölbe entsteht und wenn die Kinder beispielsweise Schmerzen haben oder nicht richtig rennen können. Das zeigt sich manchmal auch im Sportunterricht, dass das Kind einfach beim Rennen Beschwerden kriegt und dann sollte man wirklich einmal das untersuchen lassen.
Als Erwachsener muss man nichts unternehmen, wenn man keine Beschwerden hat. Dann gibt es keinerlei Grund, einen Plattfuß zu therapieren. Wenn man Schmerzen hat, dann ist das eine Indikation, dann aus meiner Sicht auch gleich für eine orthopädische Vorstellung.
Jonas Roth: Der Plattfuß ist heute unser Thema bei Natürlich gesund. Dazu ist Gast Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin-Wannsee. Mehr zum Thema, das gibt es gleich hier und natürlich auch im Internet unter paradiso.de. Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Mein Name ist Jonas Roth und das Thema heute ist der Plattfuß. Mein Gast ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee.
Dr. Peter Naatz: Herr Dr. Naatz, gibt es grundlegende Möglichkeiten, mich vor einem Plattfuß zu schützen? Es liegt beim Plattfuß ja eine Schwäche der Bänder und Sehnen vor und darauf hat man leider keinen Einfluss. Wenn man die Neigung hat, werden Schuhe mit einem guten Fußbett empfohlen.
Aber es gibt leider auch überhaupt gar keinen Hinweis darauf, in der Literatur, dass das wirklich hilft.
Jonas Roth: Und auch Einlagen zum Beispiel, die sollen ja teilweise umstritten sein. Meine Orthopädin zum Beispiel, die hat mir einmal davon abgeraten. Da war ich gerade noch im Wachstum und sie meinte, nee, hier würde sie eher operieren, als mir Einlagen zu verschreiben.
Was sagen Sie dazu?
Dr. Peter Naatz: Gut, das muss man relativ differenziert betrachten. Grundsätzlich ist es ja so, dass im Kindesalter und dazu gehört das Wachstumsalter dazu, die Einlage keinen Einfluss nimmt auf die Fußentwicklung. Und damit ist sie im Grunde genommen sinnlos.
Insofern ist der Ansatz zu sagen, entweder der Fuß entwickelt sich, so wie ich das erwarte, noch physiologisch und wird eine normale Stellung oder zumindest eine schmerzfreie Stellung einnehmen können. Oder es ist eine Operation für eine Indikation, was allerdings bei Kindern und Jugendlichen eine sehr seltene Indikation ist. Allerdings gibt es da auch sehr gute therapeutische Möglichkeiten, die nicht sehr invasiv sind.
Erwachsenen hilft die Einlage oft sehr, auch wenn der Fuß, muss man sagen, in der Stellung nicht verbessert wird dadurch. Also das heißt, der Fuß wird in seiner Position unterstützt und damit verschwinden nicht selten die Schmerzen, die ja durch Zug und Druck entstehen. Aber der Fuß ist natürlich nicht dadurch besser, wenn ich die Einlage dann nicht mehr trage.
Ganz entscheidend ist bei dieser Geschichte mit der Einlage, dass der Fuß flexibel sein muss. Das sieht man auch beim Erwachsenen daran. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellt, dann müssen Längsgewölbe sich aufbauen und die Fersen müssen nach innen gehen.
Und wenn der Fuß das nicht mehr machen kann, dann ist die Einlage sogar kontraproduktiv, denn sie erzeugt Schmerzen. Sie versucht den Fuß nämlich in eine Position zu bringen, die er gar nicht mehr einnehmen kann. Also von dem Zeitpunkt an ist eine Einlage dann nicht mehr sinnvoll.
Jonas Roth: Okay, aber auch hier ist natürlich dann der Vorteil, ich habe einen Arzt oder eine Ärztin an meiner Seite, die mich dann auch zum Thema Einlagen beraten kann. Gibt es denn irgendwie Übungen oder Maßnahmen, die ich für mich auch treffen kann, wenn ich wirklich erste Anzeichen sehe oder spüre und gleich sage, okay, es ist jetzt noch nicht dringend für einen Arzt, aber vielleicht kann ich dem ja so ein bisschen entgegenwirken.
Dr. Peter Naatz: Kinder sollten viel barfuß laufen. Auf welchem Grund? Das trainiert die Fußmuskulatur.
Und dazu gibt es auch Evidenz, das ist erwiesen. Übungen beim Erwachsenenplattfuß sind sehr umstritten. Es gibt eine spezielle Physiotherapie nach Larsen, bei der in erster Linie die Fersen aktiv nach innen gedrückt werden im Stand.
Die soll helfen, es gibt dazu keine klaren Daten. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein relativ neuer Ansatz. Und viele Orthopäden, die sich auch mit Jugendlichen befassen und dann auch mit jungen Erwachsenen, sehen da sehr gute Ergebnisse.
Insofern würde ich das durchaus versuchen. Kaputt machen kann man damit nichts.
Jonas Roth: Der Plattfuß ist heute unser Thema bei Natürlich gesund und wie Sie den Plattfuß am besten behandeln können. Das ist gleich Thema bei mir in der Sendung. Und noch mehr Infos, die finden Sie auch unter paradiso.de Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Ich bin Jonas Roth und heute geht es um das Thema Plattfuß. Dazu Gast im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee. Thema Therapie und Behandlungsmöglichkeiten.
Was gibt es denn da?
Dr. Peter Naatz: Grundsätzlich wird eben therapiert, wenn Schmerzen bestehen. Wenn der Fuß noch flexibel ist im Zehenspitzenstand, dann sollte man eine Einlage tragen. Und zwar ist die Empfehlung immer für mindestens drei Monate.
Diese Einlage sollte das Fußlängsgewölbe gut unterstützen. Und wenn man dann über diese drei Monate hinaus noch Schmerzen hat, dann kann man über eine Operation nachdenken. Bei flexiblen Füßen hat man den Vorteil, dass man operieren kann, ohne dass man Gelenke versteift.
Beispielsweise wird der Fußaußenrand dabei verlängert, dadurch, dass man eine kleine Knochenscheibe in das Fersenbein reinlegt. Oder man kann auch die Ferse nach innen verschieben. Und das ist ein Eingriff, den man heute sogar minimalinvasiv machen kann.
Sehr neu bei Erwachsenen und aus meiner Sicht sehr vielversprechend ist die Einlage eines kleinen Platzhalters in einen Knochenkanal zwischen den beiden Rückfußknochen. Und da kann man mit einem wirklich kleinen Eingriff das Gewölbe sehr gut wieder aufrichten.
Jonas Roth: Wie lange dauert das von der Operation bis hin zur Heilung?
Dr. Peter Naatz: Wenn man einen Spacer einfügt, also diesen Platzhalter hinten in diesem Knochenkanal, dann dauert die Operation wenige Minuten. Also unter zehn Minuten definitiv mit der Hautnaht. Und die Patienten sollen anschließend auch gleich wieder voll belasten.
Und sie sollen so auch ihre Position und die gut korrigierte Position behalten. Und das ist etwas, was wir auch tatsächlich beobachten. Es kann am Anfang zu Beschwerden kommen, die aber dann nach einigen Wochen in der Regel nachlassen.
Es gibt wenige Patienten, die dauerhaft Beschwerden haben. Dann entfernt man diesen Platzhalter wieder. Und man hat aber keinerlei Schaden angerichtet, weil das außerhalb der Gelenke liegt.
Das heißt, es ist im Grunde genommen ein Eingriff mit einer sehr kurzen Nachbehandlungszeit. Man kann das ambulant durchführen und relativ schnell anschließend dann auch belasten. Wenn man allerdings einen rigiden Plattfuß hat, das heißt, dass der sich eben nicht mehr aufrichtet beim Zehenspitzenstand, dann muss man leider das untere Sprunggelenk versteifen.
Patienten haben ja immer sehr viel Angst davor, wenn sie hören, ein Gelenk muss versteift werden. Aber im Vergleich zum Vorbefund bei den Patienten, bei denen man das dann durchführt, sind die Ergebnisse trotzdem sehr gut.
Jonas Roth: Okay.
Dr. Peter Naatz: Und für mich noch mal zur Verständnisfrage. Versteifen bedeutet jetzt genau was? Das untere Sprunggelenk hat drei Gelenkkammern.
Die Beweglichkeit in diesen drei Gelenkkammern im unteren Sprunggelenk ist nicht sehr hoch, weil sie eben nicht in der Bewegungsrichtung bewegen. Die Bewegung in der Bewegungsrichtung erfolgt im oberen Sprunggelenk, also das Heben und das Senken des Fußes. Das untere Sprunggelenk ist eher zuständig für so eine Feinmotorik.
Sagen wir mal, man geht jetzt nachts auf einem dunklen Waldweg für Balance und solche Sachen. Aber wenn man einen so ausgeprägten Plattfuß hat, dass schon keine Flexibilität mehr vorliegt, dann kann man diese Propriozeption, wie man das nennt, also dass man wirklich Gleichgewicht findet über das untere Sprunggelenk, sowieso vergessen. Und dann bringt die Versteifung des unteren Sprunggelenkes sehr gute Ergebnisse.
Jonas Roth: Okay, und auch hier ist nach der Operation mit wie viel Genesungszeit ungefähr zu rechnen?
Dr. Peter Naatz: Nach der Implantation als Platzhalters, wie gesagt, sehr schnelle Mobilisierung. Deswegen präferieren wir das auch, wenn immer es möglich ist. Ich würde es jungen Menschen inzwischen sehr empfehlen, das machen zu lassen.
Nach Verschiebung an Knochen muss man sechs Wochen ein Gips tragen, denn der Knochen muss dann ja erst mal heilen und nach einer Versteifung sogar bis zu drei Monate. Das heißt, es ist schon eine sehr lange Nachbehandlung, wenn man einen rigiden Plattfuß hat, der sich eben nicht mehr verformen kann. Und Schwellungszustände bestehen dann auch erheblich länger.
Also man sollte die Patientinnen und Patienten schon auf eine Nachbehandlungszeit von bis zu fünf, sechs Monaten dann auch vorbereiten.
Jonas Roth: Okay, aber wenn dann das Problem behandelt ist und auch gelöst ist, geht es ja allen auch letztendlich dann wieder besser. Sie hören Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Und gleich hören Sie in meiner Sendung mehr zum Thema Erfolge nach der Operation.
Und noch mehr Infos, auch zu Herrn Dr. Peter Naatz, die finden Sie im Internet unter paradiso.de. Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Ich bin Jonas Roth und unser Thema heute ist der Plattfuß. Zu Gast im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Wannsee. Die Nachbehandlung ist dann der letzte Schritt beim Loswerden des Plattfußes. Dr. Naatz, gibt es Übungen, die zur Genesung beitragen können, die ich zu Hause mache?
Dr. Peter Naatz: Die Nachbehandlung ist natürlich auch da wieder sehr wichtig. Zunächst müssen die Knochenschnitte im Gips verheilen. Das ist da die erste Priorität.
Und anschließend erfolgt dann auch wieder eine physiotherapeutische Behandlung, um ein normales Gangbild zu erreichen. Es gibt auch da spezielle Massagetechniken, die dazu führen, dass der Fuß abschwillt. Und man kann Salben benutzen, damit die Narben eben weicher werden, um so eben ein gutes Ergebnis wieder zu erzielen.
Jonas Roth: Wunderbar. Welche Erfolge erzielen Sie denn nach einer Operation bei Ihnen?
Dr. Peter Naatz: Wie in allen Bereichen in der Orthopädie ist es extrem wichtig, dass man sich den Patienten anguckt, dass man ihn untersucht und darüber ein individuell passendes Verfahren für ihn findet. Und wenn man das findet, dann sind die Ergebnisse gut bis exzellent, wenn ich jetzt zum Beispiel an diesen Platzhalter im Rückfuß denke.
Jonas Roth: Okay, das ist doch auch eine gute Nachricht für alle, die gerade schon überlegen, okay, sollte ich mich jetzt mit dem Problem oder mit der Thematik auch mal an sie wenden? Und die Behandlung, ist die jetzt auch während der aktuellen Lage möglich?
Dr. Peter Naatz: Wir haben im Immanuel Krankenhaus sehr strenge Sicherheitsmaßnahmen und wir können deswegen bei starken Beschwerden auch im Moment operieren. Und wir haben ein sehr geringes Risiko, dass dabei in Bezug auf Covid-19 was passiert. Das Einbringen eines Platzhalters zum Beispiel wäre derzeit völlig unproblematisch.
Bei Operationen mit einer langen Nachbehandlungszeit, das ist dann eher das, was mir so ein bisschen Sorgen macht, wo man dann auch noch häufiger zum Arzt gehen muss, wo vielleicht auch ein Gips gewechselt werden muss. Da würde ich vielleicht eher dazu raten, auf die hoffentlich bald kommende Zeit nach Corona zu warten.
Jonas Roth: Okay, aber solange das auch hier alles glimpflich verlaufen kann und die Beschwerden sich in Grenzen halten, ist das natürlich auch eine gute Variante. Mehr auch zu Dr. Peter Naatz und dem Plattfuß finden Sie auf paradiso.de. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend mit Radio Paradiso.
-
Informationen rund um die Erkrankung Hallux valgus
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, spricht in der Sendung „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso darüber, wie Hallux Valgus behandelt werden kann, welche Symptome auftreten, ab wann eine OP notwendig ist und welche Erfolge es nach einer Operation gibt
Jonas Roth: Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Thema heute ist der Hallux valgus und Experte im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Wannsee. Guten Abend.
Dr. Peter Naatz: Guten Abend.
Jonas Roth: Herr Naatz, bevor wir direkt ins Thema einsteigen, mal ganz kurz grundlegend. Was wird denn bei Ihnen in der Abteilung behandelt?
Dr. Peter Naatz: Wir sind, wie der Name sagt, spezialisiert auf die Wirbelsäule und die Untere Extremität. Das heißt, wir sind Ansprechpartner für Beschwerden an der Wirbelsäule und mit hoher Spezialisierung für alle Probleme an Hüfte, Knie und Fuß.
Jonas Roth: Okay, und die Corona-Monate waren ja auch bei Ihnen präsent. Wie lief das bei Ihnen?
Dr. Peter Naatz: Wir haben, wie wahrscheinlich alle, versucht, das Beste daraus zu machen. Das Wichtigste für uns war natürlich, dass wir keinen Gefährden, also weder unsere Patienten noch unsere Mitarbeiter. Und deswegen haben wir die erste Zeit auch nicht operiert im März damals.
Und dann haben wir die Zeit genutzt, um uns ein sehr strenges Hygienekonzept zu entwickeln. Wir testen zum Beispiel alle Patientinnen und Patienten vor der Aufnahme inzwischen. Und wir haben auch ausreichend Platz geschaffen, damit eben auch Abstände eingehalten werden können.
Und dadurch können wir jetzt unsere Patienten auch weiter versorgen. Und dieses Konzept scheint aufzugehen. Denn bisher waren die Maßnahmen zum Glück erfolgreich.
Jonas Roth: Ja, das ist doch super. Also können dann auch Patienten zum Beispiel mit Hallux valgus zu Ihnen kommen. Und darauf gehen wir jetzt ein.
Erst mal grundlegend, was ist Hallux valgus?
Dr. Peter Naatz: Ein Hallux valgus ist ein zum Fuß hin gebogener Großzeh. Mancher kennt das auch unter dem Begriff Ballenzähl. Und er ist die Folge eines Spreizfußes, bei dem sich durch weiche Bänder und zum Teil auch durch ungünstige Schuhe, muss man leider auch sagen, der Vorfuß verbreitert.
Und der große Zeh ist fixiert über eine kleine Sehne und wird dann zum Fuß hingehalten und verbiegt sich dann zunehmend in Richtung der kleinen Zehen. Eine häufige Ursache ist auch eine Instabilität im Fuß weiter oben. Das ist ein Relikt aus der Zeit, als wir noch mit den Füßen greifen mussten.
Das kann man beim Affen ganz gut sehen. Aber bei Menschen zum Laufen ist diese Instabilität eben eigentlich nicht oder diese Beweglichkeit eben eigentlich nicht erforderlich.
Jonas Roth: Also ist der Hallux valgus sozusagen eine Deformation, die von unseren Vorfahren entstanden ist?
Dr. Peter Naatz: Zum Teil ja, genau. Also das ist im Grunde genommen eine nicht vollständige Anpassung an den aufrechten Gang, die da beteiligt ist.
Jonas Roth: Und gibt es jetzt eine gewisse Altersstufe, bei denen Leuten das häufiger auftritt oder eine besondere Personengruppe?
Dr. Peter Naatz: Bei Kindern ist ein Hallux valgus sehr selten und er hat dann etwas mit einer angeborenen Verbiegung des ersten Mittelfußknochens zu tun. Es ist aber eine sehr seltene Erkrankung, die man dann auch mal untersuchen lassen sollte. Ansonsten tritt er in allen Altersstufen auf und wird in der Regel mit dem Alter schlimmer.
Also das heißt, Frauen sind dabei häufiger betroffen. Was daran liegt, dass zum einen eben anlagebedingt weiche Bänder bestehen und dann aber noch bei Frauen häufiger ungünstiges Schuhwerk dazukommt, was die Entstehung eines Hallux valgus leider begünstigt.
Jonas Roth: Woran erkenne ich jetzt einen Hallux valgus? Gibt es Symptome, die auftreten? Gibt es Schmerzen?
Wie fühlt sich das an?
Dr. Peter Naatz: Ja, zum einen sieht man eben die Biegung der Großzehe zum Fuß hin. Das ist oft sehr eindrucksvoll und kann man schwer übersehen. Und viele Patientinnen, insbesondere Frauen, sind ja häufiger betroffen, finden das auch kosmetisch nicht so schön.
Folgen sind aber, und das ist das, was uns als Ärzte eigentlich mehr interessiert, Schmerzen im Großzehengrundgelenk, oft auch am Ballen selber, der sich ja stark vorwölbt nach innen. Und der große Zeh schiebt dann die anderen Zehen zusammen. Die Folge ist dann, dass Krallenzehen entstehen.
Das heißt, die Zehen krallen sich so richtig auf und können sich auch übereinander schieben. So ein bisschen wie Mikado-Stäbchen sieht das dann aus und ist vor allen Dingen auch funktionell nicht gut. Es kann außerdem zu Schmerzen unter der Fußsohle kommen.
Das liegt daran, dass sich durch den Spreizfuß die Mittelfußköpfchen regelrecht durchtreten, so stellt man sich das vor. Und eine weitere Folge davon ist der Schneiderballen. Das ist im Grunde genommen genau das Gleiche wie der Hallux valgus, bloß auf der Kleinzehenseite.
Jonas Roth: Ach hey, okay. Also sozusagen auf beiden Seiten im schlimmsten Fall kann das dann auftreten. Kann ich selber reagieren?
Ab wann ist der Zeitpunkt, an dem ich sagen muss, jetzt muss ich definitiv zum Arzt gehen?
Dr. Peter Naatz: Also für uns als Ärzte ist ganz wichtig, dass nicht alles, was nicht der Norm entspricht, in irgendeiner Form korrigiert werden muss. Es ist so, genauso wie es lange und kurze Nasen gibt, gibt es eben auch geradere und schiefere Zehen. Das ist nicht so wichtig.
Da muss man sich nicht gleich Sorgen drüber machen. Wenn man keine Beschwerden hat, dann muss man auch nichts unternehmen. Das heißt, zum Arzt sollte man eigentlich oder muss man eigentlich nur dann gehen.
Und dann ist der Orthopäde gefragt oder die Orthopädin, wenn man Schmerzen im Fuß hat.
Jonas Roth: Der Hallux valgus ist heute unser Thema bei Natürlich gesund. War zu Gast im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Wannsee. Mehr zum Thema gibt es gleich hier und natürlich auch im Internet unter Paradiso.de. Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Mein Name ist Jonas Roth und das Thema heute ist der Hallux valgus. Mein Gast dazu ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Wannsee. Herr Dr. Naatz, welche Möglichkeiten gibt es denn vielleicht, mich von einem Hallux valgus zu schützen?
Dr. Peter Naatz: Es gibt für die Entstehung des Hallux valgus ja im Wesentlichen zwei Gründe. Das eine ist eben die angeborene Elastizität der Bänder am Fuß. Dagegen kann man natürlich nichts machen.
Andererseits spielen aber eben auch die Schuhe eine große Rolle. Dabei sind insbesondere spitze und hochhackige Schuhe, so schön sie ja auch von vielen empfunden werden, leider eben nicht gut für den Fuß. Allgemein ist auch relativ interessant in diesem Zusammenhang, dass sich der Schuhleisten in den letzten 40 Jahren geändert hat.
Noch vor 40 Jahren hatte man einen Schuhleisten, der relativ gerade war und der ist jetzt viel spitzer geworden, auch bei Herrenschuhen und zwar wirklich aus rein ästhetischen Gründen. Und man sollte eben eher gerade Schuhe tragen, die auf der Innenseite wirklich gerade nach vorne gehen. Zum Beispiel viele Sportschuhe sind so aufgebaut.
Jetzt sind natürlich auch meine Patientinnen nicht begeistert, wenn ich ihnen sage, sie dürfen jetzt ihre ganzen schönen Schuhe nicht mehr tragen. Und das ist natürlich auch nicht so, dass man da ganz streng sein muss. Man kann auch mal einen hochhackigen Schuh oder auch mal einen spitzeren tragen.
Nur im Alltag sollte man nach Möglichkeit einen Schuh tragen, der vorne breit ist und eben nicht allzu hoch.
Jonas Roth: Okay, und gibt es jetzt beim Schuh generell selber noch Sachen zu beachten, bei denen ich sage, okay, eher irgendwie eine andere Einlage? Können Einlagen vielleicht da auch helfen?
Dr. Peter Naatz: Ein ganz entscheidender Punkt und wirklich wichtig zu betonen ist, dass im Kindesalter die Einlage keinen Einfluss hat auf die Fußentwicklung. Und das ist eine Sache, die man früher nicht so genau wusste. Und deswegen sind eben viele Kinder mit Einlagen traktiert worden, was damals überhaupt nichts gebracht hat.
Und die haben dann als Erwachsene verständlicherweise keine große Lust mehr, welche zu tragen. Bei Erwachsenen hingegen hilft die Einlage aber relativ gut. Und zwar macht man da so eine Pelotte runter.
Das ist eine Erhebung unter der Fußsohle und die stellt so eine Art Quergewölbe wieder her. Und dadurch kann man Schmerzen deutlich bessern. Wichtig ist natürlich dabei, die Stellung wird nicht grundlegend verbessert.
Das heißt, wenn ich einen Tag die Einlage trage und am nächsten Tag weglasse, ist nicht der Zeh wieder gerade. Aber die Schmerzen können verschwinden und es kann fraglich auch das Fortschreiten eines Hallux valgus gebremst werden, wobei das ja umstritten ist. Es gibt dann natürlich noch die Idee, mit speziellen gymnastischen Übungen oder auch anderen Hilfsmitteln wie beispielsweise Nachtlagerungsschienen zu arbeiten.
Und da ist unsere Erfahrung, dass die alle nichts bringen. Und das sagt auch die Literatur so.
Jonas Roth: Okay, also sagen Sie Übungen oder Maßnahmen, die ich vielleicht zu Hause machen kann, davon dann eher die Finger lassen.
Dr. Peter Naatz: Beim Hallux valgus ja.
Jonas Roth: Und dann sich bei Fragen einfach doch lieber direkt an den Arzt oder die Ärztin wenden.
Dr. Peter Naatz: So ist es.
Jonas Roth: Wunderbar. Wenn Beschwerden bestehen. Der Hallux valgus ist heute unser Thema bei Natürlich gesund.
Welche Therapie und Behandlungsmöglichkeiten es gibt und ab wann sie sich operieren lassen sollten. Das ist gleich unser Thema bei mir in der Sendung. Und noch mehr Infos, die finden Sie auch unter Paradiso.de Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Ich bin Jonas Roth und heute geht es um das Thema Hallux valgus. Dazu Gast im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee. Herr Dr. Naatz, welche Therapie und Behandlungsmöglichkeiten gibt es denn beim Hallux valgus?
Dr. Peter Naatz: Man therapiert eben dann, wenn Schmerzen bestehen. Ansonsten, wie gesagt, ist das einfach eine Normvariante, die einen nicht weiter stören muss. Wenn die zweite Zehe nicht vom großen Zeh zur Seite geschoben wird bereits, das ist ein relativ wichtiger Punkt, dann sollte man auf jeden Fall einen Versuch mit einer Einlage machen.
Wenn dann nach drei Monaten noch Schmerzen bestehen, dann kann man über eine Operation nachdenken. Wenn die zweite Zehe schon geschoben wird von der Großzehe, dann sollte man sich ruhig frühzeitiger Gedanken über eine Operation machen. Denn der Hallux valgus selber ist deutlich besser zu korrigieren als die Kleinzehendeformitäten.
Das verändert sich zwar gerade so ein bisschen durch die minimalinvasiven Therapien, die uns zunehmend zur Verfügung stehen. Aber die herkömmlichen Operationsmethoden erzielen bei den Kleinzehen noch so keine besonders guten Ergebnisse. Welche Operation man durchführt, muss man sehr individuell entscheiden.
Es gibt viele Möglichkeiten. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass man den Knochen perfekt korrigiert. Wenn man sich dabei auf die Weichseile verlässt, die beim Spreizfuß ja relativ weich und lax sind, dann ist das Risiko sehr groß, dass der Hallux valgus wiederkommt.
Man kann zum Beispiel das Mittelfußköpfchen zum Fuß hin verschieben oder im Falle einer Instabilität kann man ein kleines Gelenk im Fuß festmachen, das normalerweise keine Beweglichkeit hat.
Jonas Roth: Okay, und wenn jetzt tatsächlich der Worst Case eintritt und der Patient oder die Patientin muss operiert werden, wie lange sollte ich mich danach ausruhen? Mit welchem Werdegang geht es dann weiter mit der Behandlung nach der Operation?
Dr. Peter Naatz: Das ist sehr abhängig vom Eingriff. Wir müssen ja meistens Knochen durchtrennen und wir müssen sie dann in einer besseren Position auch irgendwie wieder zusammenschrauben. Und da haben wir mittlerweile zum Glück winkelstabile Titanplatten zur Verfügung und die erlauben meistens eine sehr schnelle Mobilisierung, auch unter Vollbelastung.
Außerdem haben sie den Vorteil, dass man sie auch meistens drin lassen kann, weil sie nicht stören. Das heißt, nach den meisten Eingriffen kann man mit einem Spezialschuh für sechs Wochen vollbelastend rumlaufen. Man muss allerdings den Patienten sagen, dass Schwellungszustände über drei Monate völlig normal sind und dass man in der Zeit auch nicht unbedingt einen Wanderurlaub planen sollte.
Die sind sonst nämlich enttäuscht.
Jonas Roth: Und wenn man dann irgendwie noch Schwellungen hat hier, welche Mittel können da helfen?
Dr. Peter Naatz: Grundsätzlich ist die Nachbehandlung natürlich sehr wichtig. Gegen die Schwellungen gibt man Medikamente. Man macht eine milde Kompression und man kann auch Lymphdrainage machen.
Das ist so eine spezielle Massagetechnik, mit der man die Flüssigkeit wieder aus dem Fuß herausbekommt. Ansonsten wird Physiotherapie gemacht zur Mobilisierung der Zehen. Das ist wichtig, dass man natürlich auch wieder ein bisschen flexiblere Zehen bekommt.
Denn durch die Operationen werden die natürlich erst mal so ein kleines bisschen durch eine Schmerzhaltung auch aus der Bewegung rausgeholt. Und dann ist es auch wichtig, Gehtraining zu machen, damit man wieder einen richtig runden Gang bekommt.
Jonas Roth: Und wenn man sich daran hält und das Training auch befolgt, dann kann sozusagen der Genesung auch nichts mehr im Wege stehen. Sie hören Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Gleich hören Sie in meiner Sendung mehr zum Thema Genesung beim Hallux valgus und noch mehr Infos und natürlich auch Infos zu Herrn Dr. Peter Naatz. Die finden Sie unter www.paradiso.de Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Ich bin Jonas Roth und unser Thema heute ist der Hallux valgus. Zu Gast im Studio ist Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik und Fußchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee. Herr Naatz, die Genesung ist wohl der Prozess, der die meisten Patientinnen und Patienten wohl erfreut. Welche Erfolge werden denn bei Ihnen nach einer Operation verzeichnet?
Dr. Peter Naatz: Das ganz Entscheidende ist, wie bei jeder orthopädischen Operation, dass man ein ganz individuell passendes Verfahren wählt. Und dann sind die Ergebnisse sehr gut beim Hallux valgus und man hat dann auch kein hohes Risiko, dass der Hallux valgus wiederkommt. Beispielsweise, wenn man ein kleines Gelenk versteift, was instabil ist, hat man eben eine sehr, sehr gute Prognose.
Jonas Roth: Okay, aber Sie haben gerade gesagt, eine große Chance, dass er nicht wiederkommt. Es gibt also die Möglichkeit, dass Hallux valgus noch mal auftreten kann.
Dr. Peter Naatz: Richtig. Und deswegen muss man sich eben ganz genau angucken, welche operativen Methoden man anwendet, weil das Risiko eines Rezidivs, das heißt, dass er wiederkommt, schon gegeben ist. Wenn man eben die falsche Therapie anwendet und es gibt sehr unterschiedliche Therapieformen.
Ich hatte vorhin schon angesprochen, ein reiner Weichteileingriff zum Beispiel kann einen Hallux valgus nicht dauerhaft korrigieren, sondern es ist eben erforderlich, dass man eine gute knöcherne Korrektur erreicht. Und dann bleibt der Hallux auch so, also der Großzeh so, wie er sein soll, nämlich gerade und nicht abgekippt zum Fuß.
Jonas Roth: Ist Hallux valgus denn auch in der aktuellen Lage behandelbar?
Dr. Peter Naatz: Wir haben bei uns im Immanuel Krankenhaus sehr strenge Sicherheitsmaßnahmen und deswegen können wir bei starken Beschwerden auch im Moment operieren. Und man geht auch kein hohes Risiko ein. Wir haben keine Infektionen im Krankenhaus.
Ansonsten läuft einem der Hallux valgus leider auch nicht weg. Und man kann natürlich, wenn die Beschwerden nicht so stark sind, auch durchaus bis zum nächsten Jahr warten.
Jonas Roth: Mehr auch zu Dr. Peter Naatz und dem Hallux valgus finden Sie auf paradiso.de. Ihnen einen schönen Abend mit Radio Paradiso.
-
Behandlungsschwerpunkte der Orthopädie
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über die Behandlungsschwerpunkte der Orthopädie am Immanuel Krankenhaus Berlin.
Julia Nogli: Radio Paradiso hier ist Natürlich gesund mit Julia Nogli und heute Abend mit Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie und untere Extremität. Erstmal schönen guten Abend.
Dr. Peter Naatz: Ja, guten Abend.
Julia Nogli:Was genau gehört da alles zu Ihrem Aufgabenfeld?
Dr. Peter Naatz: Wir haben die Orthopädie im Immanuel Krankenhaus am Wannsee in zwei Bereiche unterteilt. Das eine ist eben die obere Extremität, die sich um Schulter-, Ellenbogen- und Handchirurgie kümmern. Und mein Bereich ist die untere Extremität.
Das heißt, wir kümmern uns um die Hüfte, das Kniegelenk und den Fuß und eben auch die Wirbelsäulenchirurgie. Das ist ein Bereich, der dazugehört. Wir machen schwerpunktmäßig Endoprothesen.
Das heißt, wir ersetzen die Gelenke an der Hüfte, am Knie oder auch am Sprunggelenk. Wir machen komplexe Fußchirurgie. Das heißt, wir sind hier auch Rheumaklinik am Wannsee, beschäftigen uns mit allen Erkrankungen des Fußes und eben auch mit allen Erkrankungen einer Wirbelsäule.
Wobei man ganz klar sagen muss, dass in diesem Bereich, wir sind ja eine operative Abteilung, die konservative Therapie im Vordergrund steht, was aus meiner Sicht auch sehr sinnvoll ist. Das heißt, wir haben andere Abteilungen, eine Naturheilkunde, eine Osteologie und vor allen Dingen natürlich auch eine Rheumatologie, die sich mit den Beschwerden am Rücken auch auseinandersetzen. Wir gucken uns die Patienten gemeinsam an.
Das heißt, wir haben einen interdisziplinären Anspruch und leiten die Patienten dann in den Bereich weiter, wo aus unserer Sicht die Therapie am sinnvollsten ist.
Julia Nogli: Man ganz naiv gefragt, bei Wirbelsäule denke ich natürlich an Bandscheiben oder eben dann auch fehlende Bandscheiben, die dann zu Problemen führen. Und die kann man ja auch schlichtweg nicht ersetzen. Also deswegen keine OP in diesem Bereich.
Dr. Peter Naatz: Man kann Bandscheiben auch ersetzen. Es gibt Bandscheibenprothesen. Die Indikation dafür ist allerdings eine sehr schmale.
Und man muss vor allen Dingen auch sagen, es sind meistens funktionelle Störungen, funktionell heißt einfach, dass das Zusammenspiel zwischen den ganzen Gelenken, die man da hat, an der Wirbelsäule, der Muskulatur, den Sehnen und den Bändern eben nicht richtig funktioniert. Die Hauptursache dafür ist natürlich der Bewegungsmangel, den wir heute haben. Die meisten Patienten sitzen zwangsläufig zu viel während ihrer Arbeit und es wäre eben sehr sinnvoll, wenn sie die Möglichkeit hätten, dann auch noch ausgleichenden Sport zu betreiben.
Das können die meisten eben nicht. Der akute Bandscheibenvorfall oder Veränderungen, die man eben ganz eindeutig auch irgendeiner Veränderung auf dem Röntgenbild oder dem MRT dann zuordnen kann, ist letzten Endes relativ selten.
Julia Nogli: Ja, und wie sie da genau diagnostizieren und auch dann handeln, das erfahren wir gleich hier in der Sendung. Natürlich gesund bei Radio Paradiso.
-
Diagnostik und Prävention von Rückenschmerzen
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über Diagnose und Vorbeugung von Rückenschmerzen.
Julia Nogli: Dienstagabend, hier ist Radio Paradiso mit der Sendung Natürlich gesund. Heute Abend ist der Experte im Studio Dr. Peter Naatz. Er ist Chefarzt der Abteilung Orthopädie, untere Extremität und auch Wirbelsäulenchirurgie.
Wir sprechen also unter anderem über Wirbelsäulenchirurgie, aber auch andere Behandlungen, denn Sie haben uns gerade schon gesagt, dass ja dort gar nicht immer ein chirurgischer Eingriff nötig ist, dass hier ganzheitlich behandelt wird. Wie wird denn erst mal diagnostiziert? Bei dieser ja sehr verbreiteten Thematik Rückenschmerzen?
Wenn jemand erst mal allgemein mit diesem Symptom kommt?
Dr. Peter Naatz: Also wenn die Patienten mit Rückenschmerzen zu uns kommen, ist natürlich sehr wichtig, den Patienten ganz gründlich klinisch zu untersuchen. Es gibt sehr wenige Indikationen, die praktisch zwingend zu einer Operation führen. Ich sage jetzt mal ein Beispiel.
Das ist eine sehr fortgeschrittene Lähmung. Es fällt dem Patienten in der Regel eigentlich auch selber schon auf, wenn er seinen Fuß nicht mehr heben kann. Und es gibt noch einige andere Dinge, auf die man wirklich achten muss.
Ansonsten nach der gründlichen Untersuchung, wenn man den Verdacht hat, dass da vielleicht eine Erkrankung vorliegt, die man weiter diagnostizieren sollte, macht man beispielsweise ein Röntgenbild oder ein MRT. Aber das ganz Entscheidende ist eben die Klinik, weil wir auch, wenn wir den Patienten therapieren, natürlich nicht das Bild therapieren, sondern den Patienten. Das heißt, es kommen Patienten, die haben Rückenschmerzen, die haben im MRT auch einen Bandscheibenvorfall.
Aber eigentlich ist dieser Bandscheibenvorfall gar nicht die Ursache für die Schmerzen, die er hat, sondern die funktionellen Schmerzen. Die Beschwerden, die dadurch zustande kommen, dass die Muskulatur nicht im Gleichgewicht ist, sind unter Umständen für diese Schmerzen verantwortlich.
Julia Nogli: Heißt das, dass hier auch, sagen wir mal, Elemente aus der Physiotherapie dann auch helfen, also Wärme, Bewegung, solche Dinge auch eine Rolle spielen?
Dr. Peter Naatz: Genau. Also grundsätzlich ist es so, dass Bewegung und Sport extrem wichtig ist für den Rücken. Das ist auch schon prophylaktisch so.
Das heißt also, um zu vermeiden, dass man überhaupt Rückenschmerzen bekommt, ist es extrem sinnvoll, sich zu bewegen. Da gibt es auch gar nicht unbedingt ganz typische Sportarten, die dafür sinnvoll sind, sondern man weiß einfach, dass alleine die Gewichtsreduktion, die man erreicht, dadurch, dass man sich sportlich betätigt, dann die Muskelkräftigung, aber auch der psychische Aspekt, das muss man auch immer bedenken, sehr viel Einfluss hat eben auch die mentale Befindlichkeit auf Schmerzen im Bereich des Rückens. Das ist ganz wichtig und deswegen sollte man Sport betreiben.
Wenn man ganz gezielt was für seine Wirbelsäule tun will, dann hat man jetzt zum Beispiel natürlich im Winter eher die Möglichkeit, zu Hause oder auch im Sportstudio was zu machen. Denn da geht es ganz gezielt darum, in erster Linie die Bauchmuskulatur zu trainieren. Das heißt, man muss seine Rumpf- und Bauchmuskulatur kräftigen.
Das kann man sehr schön machen, beispielsweise im Liegen auf dem Rücken mit Übungen, die man sich von einem Physiotherapeuten oder auch im Sportstudio, das ist sehr sinnvoll, von einem Betreuer dort zeigen lassen sollte. Und damit kann man in den allermeisten Fällen auch auf lange Sicht Rückenschmerzen vermeiden.
Julia Nogli: Weil das der Gegenspieler sozusagen ist, die Bauchmuskulatur.
Dr. Peter Naatz: Genau so ist es. Es ist so, dass die Bauchmuskulatur die Wirbelsäule aus dem Hohlkreuz zieht. Und je stärker das Hohlkreuz ist, umso enger wird der Kanal hinten, in dem sich letzten Endes die Nervenstränge, die da langlaufen, befinden.
Und umso mehr Schmerzen hat man. Das heißt, je kräftiger die Bauchmuskulatur ist, umso gerader ist hinten dieser Kanal und umso weiter ist es in diesem Bereich. Und umso weniger Schmerzen hat man dann auch.
Früher sind die Patienten, die Rückenschmerzen hatten, akute Rückenschmerzen stationär aufgenommen worden, sind erst mal ins Bett gelegt worden. Und dann hat man irgendwann gemerkt, dass Patienten, die man eben nicht immobilisiert, sondern die man gleich wieder laufen lässt und mit ihnen sportliche Übungen macht, dass die viel besser sind im Verlauf. Das heißt, fehlende Bewegung verstärkt sogar noch den Rückenschmerz.
Julia Nogli: Ja, das ist ein wichtiges Umdenken, was da stattgefunden hat. Und die Rückenmuskulatur zu stärken, macht aber auch Sinn. Also dieses Stichwort ein starker Rücken.
Dr. Peter Naatz: Das ist richtig. Aber man muss sagen, dass die Bauchmuskulatur einen wichtigeren Anteil dazu hat. Sie ist auch leichter zu trainieren als die Rückenmuskulatur.
Aber es gibt eben sehr gezielte Übungen, die man machen kann. Es sind meistens Bodenübungen. Beispielsweise wird inzwischen auch eine Sportart angeboten, die heißt THX, die in den Sportstudios angeboten wird.
Das ist eine sehr gute Sache. Grundsätzlich gibt es aber die besten Ergebnisse mit Yoga. Es gibt zum Yoga sehr breit angelegte Untersuchungen, die zeigen, dass sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch bei Rückenschmerzen im Grunde genommen als konservative Therapie Yoga am besten ist.
Es ist auch eine Untersuchung hier bei uns im Hause gemacht worden von Professor Michaelsen. Der ist Naturheilkundler und der hat in dieser Untersuchung festgestellt, dass die Ergebnisse wirklich extrem gut sind im Vergleich mit anderen therapeutischen Optionen.
Julia Nogli: Das passt ja wunderbar zum Anfang des Jahres, dass man sich da, wer das überhaupt einmal überlegt hat, sich vielleicht doch mal für einen Yogakurs anmeldet. Vielen Dank soweit. Gleich geht es weiter.
Heute Abend in der Sendung Natürlich gesund. Wir sprechen allgemein über die Wirbelsäule, den Rücken und auch die unteren Extremitäten.
-
Operationen an der Wirbelsäule
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über Operationen an der Wirbelsäule.
Julia Nogli: Radio Paradiso hier ist Natürlich gesund mit Julia Nogli und heute Abend mit Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Orthopädie, untere Extremität und auch Wirbelsäulenchirurgie. Sie sagten eben schon, dass eine Operation möglichst vermieden werden sollte und oft auch eine konservative Behandlung wesentlich besser hilft, denn auch Muskeln und Nerven sind ja meistens involviert, wenn es um das große Thema Rückenschmerzen geht. Wenn aber doch operiert werden muss, was wird da gemacht?
Dr. Peter Naatz: Eine typische Indikation beispielsweise für eine Operation an der Wirbelsäule ist, wenn der Kanal hinten, in dem sich die Nervenstränge befinden, sehr eng geworden ist und man kann teilweise dann auch im MRT nachweisen, dass es da zu einem großen Druck auf diese Nerven kommt. Das kann dann zum Beispiel zu Ausfallerscheinungen führen oder die Patienten haben beim Gehen immer stärker werdende Beschwerden. Die können zum Teil nur noch 20, 30 Meter wirklich laufen.
Dann müssen sie sich hinsetzen und nach vorne beugen. Wie gesagt, durch dieses Vorbeugen wird dann hinten dieser Kanal wieder etwas weiter. Und das wäre beispielsweise eine typische Indikation, wo man von hinten rangehend eine Fensterung macht und den sehr engen Spinalkanal, wie man das da hinten nennt, erweitert.
Man kommt in diesem Bereich nicht direkt an die Nerven ran. Man kann das alles ganz gründlich austasten. Das Risiko, dass es dadurch zu einer Nervenschädigung kommt, ist sehr gering.
Es gibt aber natürlich auch immer die Möglichkeit einer Narbenbildung in diesen Bereichen. Das ist eben der Grund, warum man grundsätzlich eher versucht, konservativ zu therapieren, bevor man operiert. Allerdings muss man sagen, dass dafür die konservative Therapie, also die nichtoperative Therapie, auch sehr intensiv erfolgen muss.
Denn man darf nicht vergessen, dass die Schmerzchronifizierung ein großes Problem werden kann. Das heißt, wenn man länger als drei, vier Monate Beschwerden hat, dann kann es unter Umständen sein, dass vielleicht die physiologische Ursache irgendwann für den Schmerz verschwindet, dass der Schmerz aber immer noch vorhanden bleibt, weil der Mensch ein sogenanntes Schmerzgedächtnis hat. Und deswegen ist es eben sehr sinnvoll, dass man erst ganz intensiv konservativ therapiert.
Und wenn man aber wirklich auch eine sehr starke Schmerzsymptomatik hat mit einer passenden Bildgebung, wie beispielsweise im MRT, sehen kann, dass es da zu einem starken Druck kommt im Bereich der Nervenwurzeln, dann ist eine Operation auch indiziert und dann hilft sie dem Patienten auch sehr. Also auch da ganz klar im Vordergrund stehen immer die Prophylaxe und die konservative Therapie durch Kräftigung und Schmerzreduktion. Natürlich haben wir auch noch ganz andere Möglichkeiten als natürlich nur Sport.
Es gibt Medikamente, die man nehmen kann. Wir haben andere konservative Therapie Methoden, beispielsweise Akupunktur, die eine gute Wirkung hat im Bereich der Wirbelsäule und vieles andere mehr, womit man den Patienten natürlich seine Schmerzen nehmen kann.
Julia Nogli: Vielen Dank. Soweit Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Orthopädie, untere Extremität und Wirbelsäulenchirurgie im Immanuel Krankenhaus Berlin. Gleich noch mehr zum Thema hier bei Radio Paradiso.
-
Krankheitsbilder der Hüfte
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über Krankheitsbilder der Hüfte und deren Behandlung.
Julia Nogli: Radio Paradiso, Natürlich gesund, heute mit Dr. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Orthopädie, untere Extremität und Wirbelsäulenchirurgie. Ja, die Wirbelsäule, der Rücken, das war eben schon unser Thema. Jetzt beschäftigen wir uns mit der Hüfte, mit dem Hüftgelenk.
Welche Schäden sind da typisch? Welche Beschwerden treten auf?
Dr. Peter Naatz: In erster Linie haben wir das mit Arthrosen zu tun, das heißt degenerativen Veränderungen. Der Knorpel verschleißt im Laufe des Lebens und das macht in erster Linie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Das sind die beiden Aspekte, die man am Hüftgelenk sieht.
Es ist in manchen Fällen nicht so ganz einfach, das Hüftgelenk vom Rücken abzugrenzen, das muss man eben ganz gründlich machen. Da kann man auch nur wieder betonen, wie wichtig eben die Untersuchung ist. Also die Bildgebung ist immer erst sozusagen das zweite Verfahren und als erstes muss man den Patienten eben ganz gründlich untersuchen, ausziehen, sich alles eben angucken.
In den meisten Fällen kann man dann schon durch die klinische Untersuchung herausfinden, kommen die Schmerzen eher aus dem Bereich des Hüftgelenkes, was in erster Linie in der Leiste Schmerzen bereitet, oder kommen sie aus dem Bereich des Rückens. Allerdings ist die Verbindung zwischen Rücken und Becken, das sogenannte Kreuz-Darm-Bein-Gelenk, ein Gelenk, was auch im Bereich der Leiste Schmerzen machen kann. Wenn wir da unsicher sind, auch über die Diagnostik hinaus, mancher Patient hat ja beides beispielsweise in der Bildgebung, dann können wir die Patienten zum Beispiel zu uns stationär aufnehmen und können durch ganz gezielte Infiltrationen, das sind nichts anderes als Spritzen, in diese Bereiche gucken, wenn wir da ein Betäubungsmittel spritzen, wovon der Patient am meisten profitiert.
Wenn wir dann feststellen, dass ein Patient eine Arthrose im Bereich des Hüftgelenkes hat, dann kann man sagen, dass die therapeutischen Optionen, was die Operation betrifft, da aus meiner Sicht deutlich besser sind als im Bereich der Wirbelsäule. Das ist ein Bereich, auf den wir uns auch spezialisiert haben. Wir machen minimalinvasive Hüftgelenksendoprothetik.
Julia Nogli: Es wird minimalinvasiv ersetzt, das Gelenk?
Dr. Peter Naatz: Das Gelenk wird minimalinvasiv ersetzt. Das heißt in erster Linie, dass wir so wenig wie möglich Muskulatur und irgendwelche anderen Strukturen schädigen. Wir haben inzwischen einen Zugang, mit dem wir alle Muskeln ganz lassen können.
Wir eröffnen die Kapsel des Hüftgelenkes. Der Schnitt ist auch sehr klein. Der ist auch ungefähr fünf Zentimeter lang.
Aber das ist, sagen wir mal, aus unserer Sicht nicht das Allerwichtigste. Aber das freut den Patienten natürlich doch sehr. Aber das Entscheidende aus meiner Sicht dabei ist, dass man die Patienten inzwischen eigentlich anschließend alles wieder machen lassen kann.
Das heißt, wir operieren auch jüngere Patienten, die diese Arthrose haben. Es gibt eben Runderkrankungen, die unter Umständen zur Arthrose führen. Wir haben natürlich auch dadurch, dass wir Rheumaklinik sind, mehr Patienten, die solche Arthrosen haben, auch schon in jüngerem Alter.
Und wir können die Patienten heute mit diesen Zugängen anschließend auch alles wieder machen lassen. Das heißt, jemand, der vorher gerne alpin Ski gefahren ist, der fährt dann auch mit seiner Hüftprothese wieder Ski. Und die Ergebnisse von den Hüftprothesen sind eben letzten Endes so gut, dass man sagen kann, wenn die Indikation besteht, das heißt, dass eine Bewegungseinschränkung da ist, die sich ja auch negativ auswirkt, beispielsweise auf den Rücken.
Oder wenn die Schmerzen sehr stark sind, dann gibt es heute eigentlich keinen Grund mehr, warum der Patient dann auch nicht diese entsprechende Therapie bekommen sollte.
Julia Nogli: Hält eigentlich eine solche künstliche Hüfte dann für immer oder muss es zehn Jahre später nochmal möglicherweise ersetzt werden oder früher?
Dr. Peter Naatz: Theoretisch geht man davon aus, dass die zementfreien Prothesen, die zementfrei implantierten Prothesen, wo der Knochen direkt in die Titanprothese einwächst, auch unbegrenzt halten könnten. Es ist aber so, dass die Prothesenregister, die natürlich immer auf alte Daten zurückgreifen müssen, weil das ja eben Zeiträume sind von 15, 20 Jahren, die man da überblickt, im Moment noch sagen, dass eine Lebenserwartung von so einem Gelenk zwischen 15 und 20 Jahren liegt. Jetzt kann man aber erfreulicherweise sagen, dass man diese Prothesen dann auch auswechseln kann.
Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, dass man ungefähr nach zehn Jahren schon mal ein erstes Röntgenbild wieder macht, um zu gucken, ob es irgendwelche Veränderungen an dem Gelenk gibt. Denn die Prothesen sind in einem gewissen Rahmen modular. Das heißt, man kann zum Teil auch einzelne Bereiche auswechseln, was dann keinen so sehr großen Eingriff beinhaltet, ohne dass man die wirklich im Knochen verankerte Prothese auswechseln muss.
Julia Nogli: Viel Fortschritt also auch beim Thema künstliches Hüftgelenk. Mehr zu Dr. Peter Naatz auch hier auf paradiso.de. Und noch ein Hinweis. Übermorgen am 14. Januar gibt es eine Infoveranstaltung zur Abnutzung des Kniegelenkes. Was ist das beste Verfahren für mich? Unter anderem mit Dr. Peter Naatz und auch weiteren Oberärzten im Immanuel Restaurant. Königstraße 63, Beginn 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltung zur Abnutzung des Kniegelenkes.
Was ist das beste Verfahren für mich übermorgen? Sie sind bei Radio Paradiso.
-
Skiunfälle und Sicherheit im Wintersport
In der Sendung „Natürlich gesund“ Dr. med. Peter Naatz spricht über Skiunfälle und erklärt, wie man sich am besten auf den wintersport vorbereitet.
Günter Mahler: Natürlich gesund wird Ihnen präsentiert von der Immanuel Diakonie, dem Leben zu Liebe. Heute Abend haben wir auf Radio Paradiso das Thema aus aktuellem Anlass, aus traurigem aktuellem Anlass, Skiunfälle und wie man sich am besten auf den Wintersport vorbereitet. Bald sind ja die Skiferien und da werden viele Berlinerinnen und Berliner in die Berge fahren und Sport treiben.
Bei mir im Studio ist Peter Naatz, Chefarzt für untere Extremitäten und Wirbelsäulenchirurgie. Schönen guten Abend, Herr Dr. Naatz. Guten Tag.
Dr. Naatz, untere Extremität, das sind die Beine, oder?
Dr. Peter Naatz: Dabei handelt es sich um das Hüftgelenk, das Kniegelenk und die Füße und alles, was dazwischen ist. Das heißt, wir beschäftigen uns sehr viel mit den Verletzungen, die in diesen Bereichen entstehen. Ich bin Orthopäde und Unfallchirurg.
Das heißt, wir befassen uns zum einen mit degenerativen Veränderungen in diesem Bereich. Ich bin Spezialist für Endoprothetik zum Beispiel. Aber wir befassen uns auch mit Sportverletzungen, beispielsweise Kreuzbandrissen, Meniskusläsionen im Kniegelenk, die wir dann arthroskopisch versorgen.
Günter Mahler: Das ist ja heute auch unser großes Thema. Unsere Bundeskanzlerin hat sich im Beckenbereich verletzt und Michael Schumacher ja trotz Helm schwer am Kopf verletzt. Herr Dr. Naatz, ich bin selbst begeisterter Skifahrer und wie ich weiß, Sie wohl auch.
Dr. Peter Naatz: So ist es, ja. Ich bin ganz skifanatisch.
Günter Mahler: Also sind wir beide zwei gefährdete Menschen, denn gerade beim alpinen Skifahren gibt es doch immer wieder ganz massive und schwere Verletzungen. Aber die gute Nachricht ist, dass man heute nicht mehr so schrecklich lange darunter leiden muss. Da hat sich doch eine ganze Menge getan in der Medizin, wenn ich das richtig sehe.
Dr. Peter Naatz: Ja, es ist richtig, dass man heute minimalinvasive Techniken zur Verfügung hat, mit denen man doch erheblich schneller zu guten Ergebnissen auch kommt. Dennoch muss man natürlich nach wie vor sagen, dass die Kreuzbandverletzung eine schwere Verletzung ist. Es ist so, dass man heute auch differenziert sich ansieht.
Man operiert nicht jeden Patienten, sondern man untersucht das individuell und guckt sich an, ob Instabilitäten vorliegen. Aber junge Patienten, die viel Sport betreiben und eine gewisse Instabilität haben, sollten auch nach wie vor operiert werden. Aber wie gesagt, es gibt heutzutage Verfahren, mit denen man die Patienten auch sehr schnell wieder mobilisieren kann, sodass sie dann auch wieder sportfähig werden.
Günter Mahler: Meine Tochter hat sich beim Skilaufen auch ein Kreuzbandriss mal zugezogen. Das war eine langwierige Angelegenheit. Können Sie vielleicht auch ein bisschen was zur Statistik sagen?
Man hat so das Gefühl, gerade Kreuzbandverletzungen kommen heute häufiger vor als früher.
Dr. Peter Naatz: Das ist richtig. Es liegt in erster Linie daran, dass natürlich der Breitensport immer wächst. Das ist ja zum einen sehr positiv.
Es hat natürlich positive Effekte für die Gesundheit, für das Kreislauftraining. Auf der anderen Seite kommt es dadurch natürlich auch an Zahlen häufiger zu Verletzungen. Wenn Sie jetzt zum Beispiel den Wintersport sich ansehen, ist es so, dass insgesamt pro tausend Skifahrer die Zahl an Verletzungen, auch Kreuzbandstrukturen, eher nachgelassen hat.
Das liegt zum einen an der besseren Ausrüstung, an der besseren Präparation der Pisten, aber auch am besseren Verhalten der Skifahrer, muss man sagen. Aber es gibt eben insgesamt erheblich mehr Menschen, die da zusammen auf der Piste fahren. Und deswegen kommt es auch zu häufigeren oder häufiger insgesamt zu Verletzungen.
Günter Mahler: Worauf man achten sollte, um solche Verletzungen zu vermeiden. Das ist heute unser Thema in natürlich gesund. Und ich spreche gleich weiter mit Peter Naatz, Chefarzt im Immanuel Krankenhaus in Berlin, Chefarzt für Unterextremität und Wirbelsäule.
Präsentiert wird Ihnen diese Sendung von der Immanuel Diakonie dem Leben zuliebe.
-
Gefahren beim Alpinskifahren
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über Gefahren und häufige Verletzungen beim Alpinskifahren und Schutzmaßnahmen.
Günter Mahler: Natürlich gesund wird Ihnen präsentiert von der Immanuel Diakonie, dem Leben zuliebe. Wir kümmern uns heute Abend um den Wintersport ausgegeben. Im Anlass zum einen stehen die Winterferien vor der Tür für die Berliner, zum anderen haben wir zwei prominente Sportunfälle auf Pisten und Loipen zu beklagen.
Bei mir im Studio ist Dr. Peter Naatz. Er ist Chefarzt für Unterextremität und Wirbelsäulenchirurgie im Immanuel Krankenhaus in Berlin. Herr Dr. Naatz, worin bestehen denn die großen Gefahren beim alpinen Skilauf?
Dr. Peter Naatz: Die großen Gefahren sind nach wie vor eben doch Verletzungen im Bereich des Kniegelenkes. Das sind zumindest die Verletzungen, die am häufigsten vorkommen, nach wie vor. Es gibt dadurch, dass heute mehr Patienten Carving-Ski fahren und auch Snowboards, gibt es Verletzungen mehr im Bereich der oberen Extremität, das heißt Armbrüche, Handgelenksbrüche und es kommt auch überdurchschnittlich häufiger inzwischen zu Schädelverletzungen.
Man weiß, dass zum Beispiel das Tragen von Helmen das Risiko, eine Schädelverletzung zu erleiden, deutlich verringert.
Günter Mahler: Interessante These, ich carve auch sehr gerne und es stimmt natürlich, man kreuzt die Piste häufiger, man nimmt mehr Raum ein sozusagen in der Breite und deshalb auch die Kollisionen. Ist das eine Beobachtung, die man auch wissenschaftlich stützen kann, Herr Dr. Naatz?
Dr. Peter Naatz: Ja, früher sind die Leute eben einfach doch schon direkter in Richtung Tal gefahren. Inzwischen fährt man eben gerade in Carving-Skiern, kreuzt man sehr häufig die gesamte Piste und dadurch kommt es sehr häufig eben auch zu Kollisionen zwischen Skifahrern. Wobei man sagen muss, dass insgesamt natürlich das auch etwas zu tun hat mit der hohen Anzahl an Menschen, die Ski fahren.
Denn das Verhalten der Einzelnen ist schon sehr positiv zu bewerten. Da gibt es auch Studien zu und die meisten Menschen fahren inzwischen sehr vernünftig Ski.
Günter Mahler: Und trotzdem passieren doch immer wieder schlimme Unfälle. Natürlich jetzt denken alle an Michael Schumacher, der hat einen Helm getragen. Würden Sie sagen, Helm tragen ist trotzdem sinnvoll?
Das ist auf jeden Fall zu empfehlen. Nun gibt es ja viele unterschiedliche Helme, man kann beim Discounter welche kriegen. Was würden Sie denn empfehlen?
Besser in den Fachhandel gehen und vielleicht auch mal fünf Euro mehr ausgeben oder zehn für einen guten Helm?
Dr. Peter Naatz: Der Helm muss natürlich auch halten, wenn man stürzt, sowohl den Stoß abfangen und man darf ihn auch nicht verlieren. Das heißt, er muss eine gute Passform haben. Aber ich denke, da kann man selbst in Berlin in ganz hervorragende Sportgeschäfte gehen und sich da beraten lassen.
Günter Mahler: Der Kopf ist ein Problembereich, das andere sind natürlich die Knie oder auch die Ellbogen. Es gibt also viele Problembereiche beim alpinen Skilaufen. Wie kann ich den schweren Verletzungen grundsätzlich entgegenwirken?
Dr. Peter Naatz: Also das Wichtigste ist die adäquate Vorbereitung. Das Hauptproblem ist, dass Skifahren, sehr viele Leute fahren gerne Ski, halten Ski aber für einen Sport, den man eben ohne Vorbereitung betreiben kann. Und das sollte man auf keinen Fall tun.
Das Sinnvollste ist natürlich aus ärztlicher Sicht, wenn Sie das ganze Jahr über zweimal in der Woche regelmäßig Sport betreiben, dann sind Sie körperlich fit, wenn Sie kurze Strecken mit dem Fahrrad fahren, dann haben Sie auch kräftige Beinmuskeln. Aber jeder, der nicht regelmäßig Sport treibt, auch jeder jüngere Mensch, sollte mindestens zwei Monate vor seiner Skireise anfangen, ganz gezielt Skigymnastik zu betreiben. Das sollte man nach Möglichkeit unter Anleitung machen.
Wichtig ist, dass man die Beinmuskulatur, die Po-Muskulatur, Bauch- und Rückenmuskulatur ganz gezielt trainiert. Und da man da durchaus auch Fehler machen kann, sollte man das zumindest die ersten Male wirklich unter Anleitung tun. Und ganz wichtig ist natürlich auch, dass Menschen, die älter sind und das heißt durchaus in dem Fall vielleicht schon ab 50, die ansonsten nicht viel Sport betreiben und nicht so sehr gut über ihren Fitnesszustand informiert sind, durchaus einen Sportmediziner aufsuchen sollten und sich da mal eingehend untersuchen lassen sollten.
Es gibt in Berlin viele niedergelassenen Sportmediziner, bei denen man sich da ganz genau beraten lassen kann.
Günter Mahler: Das ist vielleicht für die Berliner Skiferien jetzt ein bisschen knapp, aber grundsätzlich sicherlich der richtige Tipp. Vorbereitung, Gymnastik, vielleicht auch gezielte Vorbereitung, das garantiert dann die Freude auf ein wahrscheinlich ungetrübtes Skivergnügen in den Bergen. Sie hören Natürlich gesund auf Radio Paradiso, präsentiert von der Immanuel Diakonie, dem Leben zuliebe.
Mein Name ist Günter Mahler und gleich reden wir noch ein bisschen weiter mit Dr. Peter Naatz über Wintersport und die Risiken.
-
Die richtige Vorbereitung
Dr. med. Peter, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über die richtige Vorbereitung vor dem Skifahren zur Vorbeugung von Verletzungen.
Günter Mahler: Radio Paradiso, Musik zum Verwöhnen, Natürlich gesund, wird Ihnen präsentiert von der Emanuel Diakonie, dem Leben zu Liebe. Mein Name ist Günther Mahler, ich bin Skiläufer und wir reden heute Abend ja über das Thema Wintersport und Verletzungen. Wir reden natürlich auch deshalb darüber, weil uns allen noch der schlimme Unfall von Michael Schumacher gut im Gedächtnis ist.
Und ich spreche mit Chefarzt Dr. Peter Naatz vom Immanuel Krankenhaus in Berlin, er ist Orthopäde und Sportmediziner. Herr Dr. Naatz, ich habe mal so als Faustträger gelernt, dass der dritte Tag beim Skifahren im Urlaub der verflixte dritte Tag ist, weil da immer ganz viel passiert. Da sollte man möglichst gar nicht Skifahren oder wenn, dann nur ganz vorsichtig.
Ist das richtig oder falsch aus Ihrer Sicht?
Dr. Peter Naatz: Also es gibt Statistiken dazu, ich kann Ihnen aber nicht erklären, woran das liegt. Ich kann das natürlich nur spekulieren. Grundsätzlich denke ich, wer wirklich gut vorbereitet in seinen Skiurlaub geht, der wird dieses Verletzungsrisiko am dritten Tag nicht unbedingt haben.
Sondern es ist eher so, dass man in den ersten beiden Tagen noch sehr unsicher Ski fährt, eben einfach vorsichtig ist, weil man sich selber auch noch nicht kräftig genug fühlt. Und dass die Bereitschaft dann Risiken einzugehen natürlich ungleich steigt, aber der Trainingszustand damit nicht mithält. Aus meiner Sicht macht es nicht unbedingt Sinn, am dritten Tag nicht Skifahren zu gehen, sondern extrem wichtig ist immer die gute Vorbereitung.
Wir hatten schon gesagt, dass es wichtig ist, sich zu Hause vorzubereiten, aber es ist auch ganz wichtig, dass man sich an jedem einzelnen Tag wieder erneut aufwärmt. Das machen Sie vor anderen Sportarten auch und das ist auch beim Skifahren wichtig, dass man zum Beispiel nicht alles mit dem Fahrstuhl fährt, sondern vielleicht auch mal mit seinen Skiern und Skischuhen irgendeine Treppe hochläuft oder vielleicht auch mal einen kleinen Hang mit angeschnallten Skiern im Schlittschuhschritt aufwärts geht. Da kann man ruhig ein bisschen schwitzen.
Es ist ganz eindeutig so, dass die Sehnen, Bänder und auch der Knorpel dann für eine erheblich höhere Belastung bereit sind. Und dann kommt es auch erheblich seltener zu Verletzungen. Zum Beispiel ist es auch bekannt, dass es nachmittags erheblich häufiger Verletzungen gibt als vormittags.
Das liegt einfach daran, dass natürlich der Körper auch ermüdet und wenn man ermüdet ist, dann hat man die entsprechenden Reflexe nicht mehr, dann ist die Muskulatur nicht mehr kräftig genug, um plötzlich auftretende Belastungen abzufangen und dann kann es zu ernsten Verletzungen kommen. Häufig kommt dann natürlich noch das Bier und der Schnaps mittags dazu.
Günter Mahler: Also der berühmt-berüchtigte Einkehrschwung spielt natürlich auch eine Rolle und für viele Leute ist das natürlich auch der Reiz am Skifahren, dass auf der Hütte relativ viel Alkohol konsumiert wird, Jägertee, Glühwein und so weiter und so fort. Ist eigentlich aber ganz schwierig, was das Unfallrisiko angeht, oder?
Dr. Peter Naatz: Genauso ist es. Also ich meine natürlich gehört es für viele, das ist so der Jahresurlaub, der richtig Spaß machen soll. Da gehört es auch dazu, dass man vielleicht Alkohol trinkt.
Aber im Grunde genommen empfehlenswert ist es, das erst abends zu machen und tagsüber wegzulassen, denn das Verletzungsrisiko und das ist auch untersucht, steigt eben deutlich, weil einfach auch die Reflexe, die entsprechenden nicht mehr so da sind und auch die persönliche Selbsteinschätzung natürlich mit zunehmendem Alkoholpegel dann doch etwas nachlässt.
Günter Mahler: Also das sollten wir doch alle beherzigen. Don't drink and drive, das gilt auch für das Skifahren oder wenn dann abends auf der Hütte gemütlich. Einen leckeren Rotwein oder was auch immer.
Wir sprechen heute Abend Natürlich gesund über die Risiken des Wintersports mit Dr. Peter Naatz. Gleich geht es weiter hier bei Radio Paradiso Musik zum Verwöhnen.
-
Verhalten bei Verletzungen beim Wintersport
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über die richtigen Maßnahmen und Therapien nach einer Verletzung beim Skifahren.
Günter Mahler: Radio Paradiso, Musik zum Verwöhnen, Wintersport ist heute unser Thema in Natürlich gesund auf Radio Paradiso, präsentiert von der Immanuel Diakonie, dem Leben zuliebe. Man kann ja im Wintersport auch vorsichtig sein und ist nicht davor gefeit, dass dann doch mal was passiert. Es muss nicht gleich so schlimm sein wie bei Michael Schumacher, aber ein Beinbruch reicht ja eigentlich auch schon oder ein Kreuzbandriss.
Herr Dr. Naatz, was sollte man tun, wenn man von so einem Unfall betroffen ist auf der Piste?
Dr. Peter Naatz: Ja, die Logistik ist ja meistens in den Skiorten kein Problem und es gibt in den meisten Skiorten auch sehr gute Kliniken, wo man sich eben untersuchen lassen kann. Knochenbrüche müssen in der Regel sofort versorgt werden, die müssen zum Teil operiert werden, vieles kann auch konservativ therapiert werden, also im Gips beispielsweise. Was wichtig zu erwähnen ist, ist, dass es auch sehr häufig eben Verletzungen von Bändern gibt, zum Beispiel Kniebinnenschäden, Kreuzbandverletzungen sind ja sehr häufig, Meniskusläsuren sind sehr häufig.
Da sollte man nicht zu schnell sein, wenn es ums Operieren geht. Das heißt, die Diagnostik, wenn man eben ausgeschlossen hat, dass eine größere knöcherne Verletzung vorliegt, kann man dann auch sehr gut zu Hause beispielsweise in Berlin machen lassen. Es gibt ja sehr viele Sportmediziner, kann man also den Orthopäden seines Vertrauens wieder aufsuchen, kann sich da untersuchen lassen und kann dann die Indikation stellen, ob eventuell eine Operation erforderlich ist.
Man weiß nämlich, dass gerade in den ersten Tagen bis ungefähr vier Wochen nach einer schweren Verletzung im Kniegelenk selber das Risiko, dass es nach einer Operation zu Bewegungseinschränkungen kommt, extrem hoch ist. Das heißt, wenn Sie dann in Berlin eine solche Diagnostik gemacht haben und eventuell operiert werden muss, dann gibt es natürlich auch sportmedizinische operative Kliniken, an die man sich dann wenden kann und das ist dann die richtige Adresse.
Günter Mahler: Aber noch mal konkret nachgefragt, natürlich sollte man dann wieder zu Hause zu den Spezialisten gehen, das soll aber nicht heißen, dass man nicht die Erstversorgung am Skiort selbst in Anspruch nehmen sollte. Selbstverständlich.
Dr. Peter Naatz: Erst den Arzt vor Ort aufsuchen und sich da im Notfall mal röntgen lassen und untersuchen lassen natürlich, das geht der Röntgenaufnahme immer voraus und da ist es natürlich günstiger, dass man vielleicht einmal lieber mehr zum Arzt geht, denn wir sehen durchaus auch verschleppte Verletzungen, auch schwere, zum Beispiel Knöchelbrüche, die einfach übersehen werden, weil die Leute eben, also manche sind ja nicht so schmerzempfindlich und sagen, es wird schon wieder weggehen und solche Verletzungen sind dann zwei Wochen später erheblich schwerer zu therapieren und auch erheblich schwerer zu einem sehr guten Ergebnis zu bringen, als wenn man das wirklich sofort versorgt.
Günter Mahler: Nun hätten wir ja früher gesagt, ich gehe das Risiko gar nicht ein, ich mache Langlauf, aber seit unsere Kanzlerin beim Langlauf gestürzt ist, sich einen Bruch zugezogen hat, wissen wir, dass auch das nicht ganz ungefährlich ist. Ob es risikolose oder wenigstens risikoarme Wintersportarten gibt, das will ich gleich wissen in Natürlich gesund von Dr. Peter Naatz, er ist Chefarzt im Immanuel Krankenhaus in Berlin. Sie hören Natürlich gesund mit Günter Mahler.
Gleich geht es weiter.
-
Gesunde Wintersportarten
Dr. med. Peter Naatz, Chefarzt der Abteilung Untere Extremität, Endoprothetik, Fuß- und Wirbelsäulenchirurgie, über gesunde Wintersportarten wie Skilanglauf und Skiwandern.
Günter Mahler: Radio Paradiso, Musik zum Verwöhnen. Natürlich gesund, wird Ihnen präsentiert von der Immanuel Diakonie, dem Leben zuliebe. Mein Name ist Günter Mahler, ich bin bekennender Wintersportler, mache fast lieber Winterurlaub als Sommerurlaub.
Fahre viel Alpinski, manchmal mache ich auch Langlauf. Herr Dr. Naatz ist mein Gesprächspartner, Peter Naatz vom Immanuel Krankenhaus in Berlin. Herr Dr. Naatz, Alpinskifahren ist nicht unbedingt das Gesündeste, wenn Sie im Lift hoch- und dann wieder runterheizen, mit einem großen Risiko behaftet. Gibt es denn auch eine gesunde Wintersportart?
Dr. Peter Naatz: Ja, die gesündeste Wintersportart, das ist bekannt, das ist Skilanglauf, weil man gleichzeitig einerseits seinen Kreislauf trainiert, zum anderen auch die Arme einsetzt und darüber dann natürlich auch die Knie entlastet und die Füße entlastet. Darüber ist ja überhaupt auch dieses Nordic Walking entwickelt worden. Wichtig ist vielleicht auch noch für Herzkranke, die ja auch in der Höhe unter Umständen ihre Probleme haben können, dass Skiwandern, also eben die langsamere Form des Langlaufes, da auch sehr zu empfehlen ist.
Ich persönlich muss eigentlich sagen, ich bin Alpinskifan und insofern kann ich mich nicht so richtig für den Skilanglauf begeistern.
Günter Mahler: Langlauf ist also gesund. Wir haben die Bilder von unserer Kanzlerin gesehen, wie sie durchs Gelände marschiert mit den Langlaufskiern. Das ist nicht nur gerade eine hohe Geschwindigkeit gewesen und trotzdem hat sie sich wehgetan.
Was muss man denn beim Langlaufen beachten, um sich keine Beckenringfraktur zuzulegen?
Dr. Peter Naatz: Skilanglauf hat ein erheblich geringeres Verletzungsrisiko, wenn man sich eben die richtigen Pisten aussucht, also die richtigen Loipen heißt es dann ja. Es gibt auch Verletzungen beim Skilanglauf, insbesondere dann, wenn eben sehr steile Passagen bergab gefahren werden muss. Das kann man sich jeder, der das mal ausprobiert hat, weiß, wie schwer das ist, so einen Langlaufski wirklich zu händeln, da zu bremsen oder eventuell auch aus der Loipe heraus auszuweichen.
Und insofern ist es auch so, dass es da durchaus Verletzungen geben kann, aber es ist eben sehr davon abhängig, dass man die richtige Loipe wählt.
Günter Mahler: Sie haben es also gehört, die richtige Loipe wählen, sich beim Skialpinfahren nicht allzu großen Risiken aussetzen, also Piste kreuzen und so weiter und so fort, aber vor allen Dingen eine gute Vorbereitung ist wichtig und dann kommt auch richtig Freude auf. Allen, die jetzt bald in den Winterurlaub aufbrechen, wünsche ich viel Spaß und bleiben Sie unversehrt. Herr Dr. Naatz, vielen Dank für das Gespräch. Ich glaube, Sie gehen auch bald los.
Dr. Peter Naatz: So ist es, ja. Und ich denke, dann kann man wirklich mit viel Freude in seinen Winterurlaub gehen und das habe ich jetzt auch im nächsten Monat wieder vor.
Günter Mahler: Alles Gute Ihnen, vielen Dank für das Gespräch, viel Freude im Urlaub. Das war Natürlich gesund. Mein Gesprächspartner war Dr. Peter Naatz, Chefarzt im Immanuel Krankenhaus in Berlin, Orthopäde und Sportmediziner. Ich wünsche Ihnen allen noch einen guten Abend. Tschüss, machen Sie es gut und bleiben Sie gesund.